Die sommerliche Überhitzung von Wohnräumen und hier insbesondere von Dachräumen, ist immer mehr ein Problem, so häufen sich auch die Fragen in meinem Sachverständigenbüro hierzu. Man mag sich nun die Frage stellen, was denn der Schutz vor Überhitzung im Raum, im Fachjargon auch „Sommerlicher Wärmeschutz“ (ugs. auch sommerlicher Hitzeschutz) genannt, mit biologischen Baustoffen zu tun hat. Das werde ich Ihnen gleich erklären, aber vorab muss auch hier erwähnt werden, dass der Grund des Übels tatsächlich auch ganz andere Gründe haben kann, wie etwaigen Mängeln in der Bauausführung, eine falsch eingestellte Raumluftanlage oder eben ungünstige Lüftungsgewohnheiten, selbst fehlende Beschattungsmöglichkeit großer oder vieler Fensterflächen und einiges mehr, könnte an einem ungemütlich heißen Wohnraum im Dach oder überhaupt im Haus, schuld sein. So hatte ich erst ein großes Reetdachhaus südwestlich von Hamburg zu begutachten, das beispielhaft gedämmt war, aber auch zahlreiche Verglasungen hatte, zu denen keinerlei Beschattungsmöglichkeit gegeben waren. Hieraus resultierte ein Wohnraum der im Sommer kaum bewohnbar war, da die Tagestemperaturen im Raum um die 30°C betrugen. Ergo es gibt viele Gründe und nicht immer sind die in der nun kommenden Erklärung gewählten Baustoffe schuld am Schwitzen in der Wohnung.
Die DIN 4108 beschreibt in ihrem 2. Teil und hier in Absatz 4.3.2.1 folgendes:
Der sommerliche Wärmeschutz ist abhängig vom Gesamtenergiedurchlass der transparenten Außenbauteile (Fenster und feste Verglasungen), ihrem Sonnenschutz, ihrem Anteil an der Fläche der Außenbauteile, ihrer Orientierung nach der Himmelsrichtung, ihrer Neigung bei Fenstern in Dachflächen, der Lüftung in den Räumen, der Wärmespeicherfähigkeit, insbesondere der innen liegenden Bauteile, sowie von den Wärmeleitfähigkeiten der nichttragenden Außenbauteile bei instationären Randbedingungen (tageszeitlicher Temperaturgang und Sonneneinstrahlung).
Dass viele Fenster, in welche die Sonne ins Gebäude scheint, die Raumluft erwärmen, dürfte sicher jedem klar sein. Aber auch hier verdeutlicht die DIN 4108-2 in Absatz 4.3.2.2 nochmals wie folgt:
„Große Fensterflächen ohne Sonnenschutzmaßnahmen und geringe Anteile, insbesondere innen liegender wärmespeichernder Bauteile, können im Sommer eine Überhitzung der Räume und Gebäude zur Folge haben…“
Das „Ding“ mit der oben angesprochenen Wärmespeicherfähigkeit, das wollen wir aber mal genauer betrachten.
Wie sicherlich jeder weiß, gibt es Stoffe, die sehr gute Wärmeleiter sind. So ist es nicht verwunderlich, dass gerade Metalle, wie zum Beispiel Kupfer, Aluminium oder Eisen häufig dort zu finden sind, wo Wärmeenergie schnell weiter geleitet werden soll. Man denke nur an den Heizkörper, der nicht umsonst aus Metall und eben nicht aus Kunststoff oder gar Holz ist. Andere Stoffe hingegen, sind eher schlechte Wärmeleiter, sie „blocken“ Hitze oder Kälte mehr oder weniger lang ab. Hier denke man vor allem an Dämmstoffe aus Kunstschäumen, Glaswolle oder eben auch rein biologische Materialien, wie Pflanzenfasern und andere. Der Dritte recht wichtige Wert in diesem Sinne ist lapidar erklärt, die Fähigkeit Temperaturen zu halten, einfach geschrieben kann man hier auch von einem Puffern der Temperatur sprechen. Wunderbare Baustoffbeispiele sind hier rein mineralische Produkte, wie zum Beispiel einfache Mauerziegel, Lehmbaustoffe oder eben auch diverse pflanzlich basierende Bauprodukte, die relativ lange Zeit benötigen um sich bei Temperaturschwankungen aufzuwärmen oder eben abzukühlen. Produkte aus Pflanzen wie Pflanzenfasern sind dann auch diejenigen Stoffe, die es bestens schaffen Temperaturen zu speichern aber auch gegen selbige zu dämmen.
Bestes Beispiel ist hier vielleicht ein Baum, dessen Rinde mitunter die Aufgabe erfüllt im Winter vor übermäßiger Kälte und im Sommer vor extremer Hitze zu schützen, dabei aber auch im Winter die Sonnenenergie des Tages lange einzuspeichern und die Kühle der Sommernacht möglichst lange in den Tag hinein mitzunehmen.
Betrachten wir uns nun die am Markt erhältlichen Dämmstoffe im Bauwesen genauer, so erkennen wir jede Menge künstlich hergestellte Dämmprodukte, die rekordverdächtige Dämmwerte erzielen. Also perfekte Dämmstoffe darstellen, die teils nur wenige cm dick an oder in unsere Häuser eingebaut werden müssen. Platz- und somit raumsparend montiert werden können. Super mag man denken, aber so sehr super ist das nicht in ganzer Linie.
Viele dieser Dämmstoffe heizen sich nämlich durch Sonneneinstrahlung relativ einfach auf. In der Fachsprache reden wir in diesem Zusammenhang von der „Spezifischen Wärmekapazität“. Simpel dargestellt, handelt es sich hierbei um die Energiemenge, die benötigt wird um 1 kg eines Produktes um einen Kelvin zu erwärmen. Ist die spezifische Wärmekapazität (Einheit: J/kg*K) also sehr hoch, braucht es viel Wärme, um den Baustoff zu erwärmen, ist sie niedrig, so braucht es im Verhältnis dazu nur wenig Wärmeenergie.
Zusätzlich sind manche dieser Produkte trotz der eigentlich guten dämmenden Wirkung (geringe Wärmeleitfähigkeit) mit einer in Relation gesehen, erhöhten Temperaturleitzahl behaftet. Fachlich korrekt ist die Temperaturleitzahl einer Materialeigenschaft, die zur Beschreibung der zeitlichen Veränderung der räumlichen Verteilung der Temperatur durch Wärmeleitung als Folge eines Temperaturgefälles dient. Vereinfacht formuliert, geht es hierbei um die räumliche und zeitliche Verteilung der Temperatur auf einem Stoff (Einheit: m2/s oder cm2/h etc.), die von außen auf selbigen einwirkt, nicht bzw. nur indirekt, um die Wärmeleitfähigkeit (Einheit: W/(mK) selbst. Indirekt, da zur Berechnung der Temperaturleitzahl eines Stoffes die Werte der Wärmeleitfähigkeit, der Dichte und der spezifischen Wärmekapazität, nötig sind. Aber das ist für viele, die sich nicht mit Bauphysik beschäftigen, sicherlich nicht wirklich einfach zu verstehen, von daher sei einfach geschrieben: „Ist die Temperaturleitzahl sehr klein, so verteilt sich die einwirkende Temperatur eher träge auf dem Baustoff, ist sie hoch, verteilt sie sich in selber Zeit auf wesentlich mehr Fläche.“
Die logische Konsequenz des ganzen, wird ein Baustoff sehr schnell heiß, so trägt er natürlich auch dazu bei, den Wohnraum zu erwärmen – sofern innenseitig keine guten speichernden Baustoffe noch „vorgeschaltet“ sind, was beispielsweise sehr oft in Dachräumen der Fall ist. Werden hier die Dachflächen also mit Stoffen gedämmt, die Wärmeenergie schlecht einspeichern und noch dazu sehr schnell erhitzen und ist innenseitig nur noch eine Dampfsperre und eine einfach Gipskartonbauplatte, dann wird der Dachraum oder die Dachwohnung relativ schnell warm, um nicht zu schreiben, sehr heiss und ungemütlich. Abends einschlafen geht kaum, viele werden das Problem kennen.
Die DIN 4108 hat im 2. Teil und hier im Absatz 4.3.6 die Wirksamkeit von wärmespeichernden Baustoffen wie folgt angesprochen:
„Die Erwärmung der Räume eines Gebäudes infolge Sonneneinstrahlung und interner Wärmequellen (z.B. Beleuchtung, Personen) ist umso geringer, je speicherfähiger die Bauteile, die mit der Raumluft in Verbindung stehen, sind. Wirksam sind nur Bauteilschichten raumseits vor Wärmedämmschichten (siehe DIN EN ISO 13786).
Bei Außenbauteilen wirken sich außen liegende Wärmedämmschichten und innen liegende wärmespeicherfähige Schichten in der Regel günstig auf das sommerliche Raumklima aus.“
Hierbei gilt aber nochmals zu verdeutlichen, dass wenn raumseits der Wärmedämmschicht kein Baustoff vorhanden ist, der ein entsprechendes Speichervolumen hat, wie beispielsweise eine Verblendung der innenseitigen Dachflächen mit einlagig verlegten Gipskartonbauplatten, dann wärmen sich diese Bauplatten natürlich über einen relativ hoch erwärmten und anliegenden Dämmstoff ebenso auf und geben die Wärme weiter in den Raum.
Ist dem so, dann bleibt eigentlich nur noch dem Tipp unter Absatz 4.3.5 (DIN 4108-2) zu folgen:
„Das sommerliche Raumklima wird durch eine intensive Lüftung der Räume, insbesondere während der Nacht- oder frühen Morgenstunden verbessert. Entsprechende Voraussetzungen (z.B. zu öffnende Fenster, geeignete Einrichtungen zur freien Lüftung) sollten daher vorgesehen werden.“
Hat man haufenweise Fenster im Dach (oder auch an der Fassade), dann wäre womöglich der Tipp unter Absatz 4.3.2.3 recht sinnvoll:
„Ein wirksamer Sonnenschutz transparenter Außenbauteile kann durch die bauliche Gestaltung (z.B. auskragender Dächer, Balkone) oder mit Hilfe außen oder innen liegender Sonnenschutzvorrichtungen (z.B. Fensterläden, Rollläden, Jalousinen, Markisen) und Sonnenschutzgläser erreicht werden. Bei Fassaden und Dachflächenfenster ist bei Ost-, Süd- und Westorientierung ein wirksamer Sonnenschutz wichtig.
ANMERKUNG: Horizontale Vorsprünge sind nur bei Südorientierung der transparenten Außenbauteile wirksam.
Räume mit nach zwei oder mehr Richtungen orientierten Fensterflächen, insbesondere Südost- oder Südwest-Orientierungen, sind im Allgemeinen ungünstiger, als Räume mit einseitig orientierten Fensterflächen.“
Wenn Sie sich nun die nachfolgende Tabelle ansehen, sehen Sie, dass biologische bzw. pflanzliche Dämmstoffe die Nase ganz schön weit vorne haben, wenn es um die wärmespeicherfähigkeit und somit um den sommerlichen Hitze- bzw. Wärmeschutz geht. Klar sie dämmen ein wenig schlechter als die künstlichen Stoffe, aber dies hat meistens auch nur wenige Zentimeter mehr Dämmstärke zur Folge. In einer Dachfläche beispielsweise bei einer Zwischensparrendämmung spielen diese wenigen Zentimeter meist so gar keine Rolle.
Sollten Sie noch Fragen haben, so können Sie mich gerne im Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung® kontaktieren (Tel.: 0821 – 60 85 65 40).