Um 1900 waren feuchte Keller nichts besonderes. Meist dienten sie nur dem Lagern von Gemüse und/oder Obst. Über ein richtiges oder falsches Lüften im Keller sprach wohl kaum jemand, denn die Bauweise war ohnehin so luftig, dass man nicht lüften musste und Kellerfenster, wie wir sie heute haben gabs einfach nicht. Die meisten einfachen Gebäude hatten nicht einmal Fenster im Keller, sondern nur etwaige Klappläden oder ähnliches. So wundert es auch nicht, dass Literatur um diese Zeit in Bezug auf feuchte Keller nur etwaige Aufstriche für die Wände empfiehlt. Dr. Josef Bersch etwa beschreibt ein Rezept für einen solchen putzähnlichen Aufstrich wie folgt:
„….Gepulverter Backstein mit 7 Bleiglätte werden mit genügend Menge Leinöl verrührt. Beide sind getrennt zu pulverisieren, dann zusammen zu mischen und mit Leinöl in eine Art Teig zu verarbeiten. Masse auf den Wänden erhärtet nach 3-4 Tagen…“
Heute allerdings hat sich in der Bauweise und den daraus resultierenden, möglichen Bauschäden und/oder Baumängeln einiges getan. Richtiges Lüften ist gegenwärtig und sicher auch künftig eines der wichtigsten Nutzeraufgaben. Je moderner und damit auch energiesparender das Wohnen wird, desto größer sind die Risiken, Fehler bei der manuellen Frischluftzufuhr zu machen. Diese Fehler häufen sich, je weniger der Wohn- oder Nutzbereich begangen wird.
Das Lüften von nicht bewohnten Kellerräumen ist eine Sache, die in diesem Sinne (manche Kellerbesitzer gehen monatelang nicht in ihren Keller) fast immer falsch gemacht wird, wohl auch, weil eben keiner darin wohnt. Derweilen werden Kellerräume an schwülwarmen Sommertagen oft dermaßen feucht, dass die darin lagernden Gegenstände sogar Schaden (Korrosion, Schimmel etc.) nehmen können. Auf wasserdichten Belägen können sich im Extremfall auch Pfützen bilden, diese Feuchtigkeit kann an den Wänden anstehen und auch dort zu Schimmelpilzwachstum führen.
Ursachen für Nässe in den Kellern sind zwar häufig Undichtigkeiten wie beispielweise eine defekte Abdichtung der Kellerwand oder der Bodenplatte, aufgrund dessen Feuchtigkeit von Außen eindringen kann. Aber ist die Nässe vor allem im Sommer vorhanden, so drängt gerne der Verdacht, dass ein falsches Lüftungsverhalten maßgeblich ist. Kellerräume sind, schon aufgrund der Lage unterhalb der Erdoberfläche, immer ein paar Grad kühler als die Temperatur draußen oder gar die der Räume darüber. Durch das falsche Lüften (zumeist dauergeöffnete Fenster) holt man sich die im Sommer typische warme Außenluft in den kalten Raum. Durch diesen Vorgang steigt die relative Luftfeuchtigkeit dramatisch an und Feuchtigkeit fällt aus der Luft aus. Einfacher beschrieben, die Feuchtigkeit aus der zugeführten warmen Luft kondensiert auf den Wand-, Decken- und auch Bodenflächen aus, die gewöhnlich richtig kühl sind – wie beim oft genannten Spiegel nach dem Duschen. Im Winter ist solche ein dauergeöffnetes Fenster in Sachen Kondensatfeuchtigkeit nicht, oder so gut wie nicht relevant. Hier sorgt das dauergeöffnete Fenster nur für eisig kalte Räume. Gepaart mit gefrorenen Wasserleitungen oder auch Wasseruhren kann dies jedoch auch zu erheblichem Wasserschaden führen. Das Volumen von Wasser vergrößert sich beim Gefrieren und sorgt so für ein Aufplatzen der Leitungen o. Ä. Ergo auch im Winter ist solch ein daueroffenes Fenster nicht wirklich gut.
Aber zurück zur Kondensatfeuchte, schließlich steht nicht der Winter, sondern der Sommer vor der Türe. Angenommen wir haben im Freien eine Temperatur von 25°C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 60%, dann enthält jeder Kubikmeter Außenluft ca. 13,8 g Wasserdampf (25 °C warme Luft kann max. 23,1 g/m3 Wasserdampf aufnehmen). Blicken wir nun in den Keller, so haben wir dort womöglich eine Lufttemperatur von 18°C. 18°C warme Luft kann maximal 15,31 g Wasser pro Kubikmeter aufnehmen. Kommt die warme Luft mit 25 °C herein und kühlt diese auf 18 °C ab, so erhöht sich die relative Luftfeuchtigkeit im Keller damit auf ca. 90%. Das heisst, es sind dann ungefähr 13,77 g/m3 Wasserdampf in der noch nicht ganz gesättigten Raumluft.
Wie bereits an dieser Stelle berichtet, wachsen die meisten Schimmelpilzarten in Räumen ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80%, das heißt für unseren Keller, dass theoretisch jetzt schon die Pilze zu wachsen beginnen, zumindest überall dort wo die Oberfläche kühl ist und somit feucht wird. Pilzsporen sind ja allgegenwärtig in der Umgebungsluft und Nahrung wird er auch im Keller finden, zumal kaum jemand seinen Keller klinisch rein hält.
Nun kann es theoretisch zum Paradies für Pilze werden und zur Katastrophe für Sie. Denn bei einem Befall von Materialien durch eben solche Schimmelpilze reicht es nicht immer aus, einfach mal feucht durchzuwischen und die angeschimmelten Dinge zu reinigen. Allgemein unterscheidet man zwischen zwei unterschiedlichen Befallsvarianten, wenn es Schimmelpilze im Haus gibt. Den sogenannten primären Befall, womit Schimmelpilzbefall zu verstehen ist, der auf einem Material wächst und sich dort auch vermehrt und dem sekundären Befall, dessen Ursache in einer sekundären Verunreinigung durch Schimmelpilzsporen zu suchen ist. Beispiel hierfür könnte ein Schimmelpilzwachstum in einem anderen Raum sein, dessen Sporen über die Luft verteilt wurden, sich auf einem Material abgesetzt haben und nun dort hervorragend gedeihen.
Der Unterschied zwischen einem primären und einem sekundären Befall in Bezug auf das Reinigen und Entfernen von Schimmelpilzen besteht darin, dass sich der sekundäre Befall in aller Regel einfacher reinigen lässt. Glatte Oberflächen werden nass abgewischt, poröse Materialien oder auch textile Oberflächen werden abgesaugt (Feinstaubfilter bzw. HEPA Filter ist hierbei wichtig). Kleidung kann durch mehrmaliges Waschen gereinigt werden. Ist die Sporenbelastung sehr hoch, so empfiehlt sich bei Kissen, Matratzen oder ähnlich schwer zu reinigenden Gegenständen ein Entsorgen. Beim primären Fall hingegen ist die Reinigung wesentlich schwerer und meistens auch gar nicht mehr möglich. Hier empfiehlt es sich, alles nicht mehr Verwendbare umgehend zu entsorgen. Wobei man in diesem Fall die zu entsorgenden Gegenstände in dichte Plastiksäcke o.ä. luft- und staubdicht verpackt. Eine Desinfizierung der noch verwendbaren und gereinigten Gegenstände ist in aller Regel unumgehbar. Befallene Flächen oder Teile des Gebäudes sollten hier generell von einem Fachmann untersucht werden.
Man darf sich nun aber nicht vorstellen, dass in unserem oben aufgeführten, 18 °C warmen Keller sofort Pilze wachsen. Dies dauert schon eine Weile, denn Feuchtigkeit wird auch von Bauteilen oder Gegenständen im Keller aufgenommen, so dass zunächst deren Eigenfeuchtigkeit ansteigt und nicht gleich nasse Oberflächen entstehen. Als Beispiel sei hier Holz zu nennen, das erhebliche Feuchtigkeitsmengen schadensfrei aufnehmen kann und nach und nach auch wieder abgeben wird. Übrigens auch ein Grund, warum mir persönlich diese alten, aus Dachlatten gezimmerten Raumteiler in den Kellern sehr sympathisch sind. Wird das falsche Lüften, wie das ständig offene Kellerfenster aber zu einem Dauerzustand, so können die Probleme durchaus überhand nehmen und auch der beste Wasserspeicher irgendwann zu voll sein. Der Schimmelpilz hat dann freie Bahn und beginnt zu wachsen. Dinge wie Kartons auf dem kalten Betonboden sind dann meist das erste Pilzopfer, denn Papier ist so was wie eine Leibspeise für den Schimmelpilz. Wächst der Pilz hier erst mal, dann erhöht sich auch die Sporenkonzentration im Keller und nach und nach werden weitere Gegenstände bzw. Oberflächen und im Worst-Case auch andere Räume von ihm befallen.
Apropos Leibspeise für Schimmelpilze. Hierzu gehört natürlich auch die anno dazumal so sehr beliebte Raufasertapete. Feine Holzspäne im Papiermantel, überzogen mit einer hauchfeinen Staubschicht auf kalter Platte … ähm Wand, das ist für den Schimmelpilz ungefähr so, wie der Karibikurlaub im eiskalten, norwegischen Januar für uns Menschen.
Was kann man tun?
Man kann den Keller beheizen und somit für höhere Raumtemperaturen sorgen. Das werden aber viele nicht können, weil im Keller gar keine Heizung steht bzw. erst teuer installiert werden muss. Am Rande sei hier auch erwähnt, dass so manch Keller in früherer Zeit über den Heizungsraum bzw. die warmwasserführenden Leitungen beheizt wurde. Nichtgedämmte Warmwasserleitungen etc. sorgten für eine gewisse Grundwärme. Eben dieses ist jedoch heute durch die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) eigentlich nicht mehr genehmigt. Hier gilt es, den Wirtschaftlichkeitsfaktor genau zu prüfen, was kosten mich die heizenden ungedämmten Rohre und was kostet mich das Dämmen der Rohre inkl. einem Installieren einer oder mehrerer Radiatoren in einem Keller. Gar nicht so selten, dass in diesem Fall ungedämmte Rohre wirtschaftlicher sind, als die Vorgaben (Nachrüstpflicht EnEV § 10 Abs. 2) der EnEV und somit mit Hilfe des § 25 der Energieeinsparverordnung eine Befreiung zum Dämmen der ungedämmten, zugänglichen Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen, sowie Armaturen, die sich in nichtbeheizten Räumen befinden, erreicht werden kann.
Ist keine Beheizung möglich, bleibt, ohne weitere technische Unterstützung nur das regelmäßige, kontrollierte (Stoß-) Lüften. Bestenfalls dann, wenn es draußen kälter ist als drinnen, ergo nachts und in den frühen Morgenstunden. Als Daumenregel und Idealfall kann man angeben, dass es draußen mind. 7°C kühler sein sollte als im Keller. Die Kontrolle kann über ein Thermometer und einem Hygrometer (Kontrolle der rel. Luftfeuchtigkeit) erfolgen, das zentral in den Räumen angebracht wird – allerdings muss man hier natürlich auch regelmäßig nachsehen.
Selbstverständlich kann man aber auch automatisierte Lösungen angehen wie z.B. Raumluftanlagen oder für kritische Zeiten das Aufstellen zusätzlicher Raumluftentfeuchter. Dabei sollte man sich jedoch auch die kritische Frage stellen, ob dermaßen technischer Einbau überhaupt notwendig ist. Vier Wochen im Jahr einen Raumluftentfeuchter aufzustellen, ist sicher nicht so sehr aufwändig aber gleich eine fortlaufend zu wartende Raumluftanlage in einen gewöhnlichen, nicht für spezielle Sonderaufgaben genutzten Keller zu installieren ist monetär betrachtet vielleicht übertrieben. Die Lösung zwischen beiden genannten wären einfache Ventilatoren, wie man sie in manch Bädern nutzt. Allerdings sind diese Ventilatoren auch immer Schwachstellen in der Wand die energetisch nicht immer sinnvoll sind und man muss auch Möglichkeiten für den Wandauslass haben, die Ventilatoren sollten nämlich auf keinen Fall im Spritzwasserbereich des Sockels installiert sein.
Abschließend nun aber auch der Hinweis, dass all die Technik oder auch das am besten kontrollierte Stoßlüften kaum bis gar keinen Sinn macht, wenn man bautechnische Schwachstellen am Gebäude hat. Ist die Abdichtung nicht in Ordnung, so bringt alles andere, außer dem fachmännischen Nachbessern der Abdichtung auch keinen Erfolg. Wird die erneute vertikale Abdichtung des erdberührten Mauerwerks notwendig, so macht es womöglich auch Sinn, die Kellerwände von Außen gleich mit zu dämmen.
Wenn Sie dies nun gelesen haben, sollten Sie auf keinen Fall daraus schließen, dass Feuchtigkeit im Keller immer und grundsätzlich einem falschen Lüftungsverhalten zuzuschreiben ist. Wasser bzw. Feuchtigkeit kann immer noch von defekten Lichtschächten oder deren verstopften Abfluss, undichten Wandelementen (Elementwand), Umnutzung, defekter oder fehlender Drainung, Risse in den Wänden, defekte Abwasser- oder Trinkwasserleitungen und und und vielem, vielem mehr resultieren. Von daher kann man zur Ursachenbestimmung bei feuchten Kellern keine Pauschalitäten aussprechen, ohne die Sachlage vor Ort untersucht zu haben. Ergo bevor Sie irgendwas machen, fragen Sie besser einen Sachverständigen, gerne auch das Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung.
Am Ende auch hier noch einmal ein Hinweis zum Thema Kellerlüftung aus der aktuellen DIN 4108 und deren Teil 8:
Kellerräume mit Kellernutzung
In Kellerräumen weisen die Außenwände oftmals nur niedrige Oberflächentemperaturen zur Raumseite hin auf. In solchen Räumen kann es im Sommer und vor allem in den Übergangszeiten im Herbst, wenn die warme Luft in den Keller gelangt, zu einem Niederschlag von Luftfeuchtigkeit an der kalten Kellerwand und zu Schimmelpilzwachstum kommen. Insbesondere bei Altbauten kann eine Abdichtung des Kellers fehlen und es zu einer Durchfeuchtung kommen. Im Winter ist in Kellerräumen eine gegenüber dem Sommer verstärkte Lüftung (mit der dann trockene Außenluft) sinnvoll. Ein „Trockenlüften“ feuchter Keller ist häufig nicht möglich.
Kellerräume mit Wohnnutzung
Hinsichtlich der Schimmelvermeidung sollten Kellerräume, sie zur dauerhaften Wohnnutzung vorgesehen sind, wärmegedämmt und beheizbar sein, vor Durchfeuchtung von außen geschützt und über mindestens eine Fensterlüftungsmöglichkeit verfügen. Genaueres regelt die Landesbauordnung.
Sollten Sie also irgendwoher den Rat erhalten im Sommer den Keller nicht zu lüften, widerspreche nicht nur ich diesem Ratschlag sondern auch die DIN. Nicht zu lüften ist ein ähnlicher Fehler wie ständig die Fenster offen zu haben – auch im Keller!
Sollten Sie noch Fragen hierzu haben, dann können Sie sich gerne an das Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung® wenden (Tel.: 0821 – 60 85 65 40).