Als Sachverständiger im Hochbauwesen werde ich sehr häufig von Mitmenschen zur Hilfe gerufen, wenn es dabei geht ein neues Eigenheim zu kaufen. Oftmals bekomme ich, vor der Begehung und Begutachtung ein wundervoll getipptes Expose, eines welches die hervorragende Lage, die gehobene Ausstattung und natürlich immer die schönsten Bilder vom Objekt zeigt. Was allerdings immer fehlt, ist der Hinweis darauf, dass der Käufer, das bis dato energetisch völlig unsanierte Häuschen auch entsprechend der EnEv sanieren muss. Ein Muss nach gesetzlicher Verordnung, sofern die Sanierung tatsächlich wirtschaftlich ist und selbige auch keine unbillige Härte für den neuen Eigentümer darstellt. Eine unbillige Härte tritt nach EnEv § 25 dann in Kraft, wenn z.B. die erforderlichen Aufwendungen innerhalb angemessener Frist durch die eintretende Einsparung nicht erwirtschaftet werden können, wenn der neue Eigentümer zum gleichen Zeitpunkt oder in nahem zeitlichen Zusammenhang mehrere Pflichten nach EnEV oder zusätzlich nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften aus Gründen der Energieeinsparung zu erfüllen hat und ihm dies nicht zuzumuten ist oder aber auch ganz einfach, wenn der neue Besitzer schlicht finanziell überfordert ist.
Sind diese Gründe zur Befreiung nicht gegeben und handelt es sich nicht um ein denkmalgeschütztes Haus bzw. eine besonders erhaltenswerte Bausubstanz (EnEV § 24), so muss der neue Eigentümer sanieren, ob er das nun möchte oder nicht.
EnEV § 24 Ausnahmen
(1) Soweit bei Baudenkmälern oder sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz die Erfüllung der Anforderungen dieser Verordnung die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigen oder andere Maßnahmen zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen, kann von den Anforderungen dieser Verordnung abgewichen werden.
(2) Soweit die Ziele dieser Verordnung durch andere als in dieser Verordnung vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden, lassen die nach Landesrecht zuständigen Behörden auf Antrag Ausnahmen zu.
EnEV § 25 Befreiung
(1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag von den Anforderungen dieser Verordnung zu befreien, soweit die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.
(2) Eine unbillige Härte im Sinne des Absatzes 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Eigentümer zum gleichen Zeitpunkt oder in nahem zeitlichen Zusammenhang mehrere Pflichten nach dieser Verordnung oder zusätzlich nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften aus Gründen der Energieeinsparung zu erfüllen hat und ihm dies nicht zuzumuten ist.
(3) Absatz 1 ist auf die Vorschriften des Abschnitts 5 nicht anzuwenden.
Die EnEV ist somit auch ein Faktor der den letztendlichen Preis für das neue Gebäude erheblich verteuern kann aber auch ein Faktor der, wie erwähnt, in aller Regel bei Besichtung und Vorstellung einer Immobilie ganz und gar unausgesprochen bleibt und erst dann „überwältigt“ wenn man zur Pflicht erinnert wird und die ersten Kostenvoranschläge vor sich liegen hat. Kostenvoranschläge, die nicht selten 100.000 Euro Sanierungskosten (Dämmung, Heizung, Fenster etc.. ) mit sich ziehen können. Da nützt es dem Käufer wenig, wenn der ausgeschriebene Kaufpreis verlockend günstig ist und am Ende auch noch 10.000 Euro nach unten gehandelt werden kann. Handlungsspielraum ist bei einer Immobilie im Gros immer berücksichtigt – die 10.000 Euro sind also von vornherein im ersten Angebotspreis enthalten und Sie können aus dem Stand annehmen, dass sie diese 10.000 Euro ganz flott in das neue Gebäude stecken ohne auch nur einen Handstrich im Sinne der EnEV getätigt zu haben.
Die EnEV beschreibt die Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden wie folgt:
EnEV § 10 Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden
(1) Eigentümer von Gebäuden dürfen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden und vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nicht mehr betreiben. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die vorhandenen Heizkessel Niedertemperatur-Heizkessel oder Brennwertkessel sind, sowie auf heizungstechnische Anlagen, deren Nennleistung weniger als vier Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt, und auf Heizkessel nach § 13 Absatz 3 Nummer 2 bis 4.
(2) Eigentümer von Gebäuden müssen dafür sorgen, dass bei heizungstechnischen Anlagen bisher ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen sowie Armaturen, die sich nicht in beheizten Räumen befinden, nach Anlage 5 zur Begrenzung der Wärmeabgabe gedämmt sind.
(3) Eigentümer von Wohngebäuden sowie von Nichtwohngebäuden, die nach ihrer Zweckbestimmung jährlich mindestens vier Monate und auf Innentemperaturen von mindestens 19 Grad Celsius beheizt werden, müssen dafür sorgen, dass bisher ungedämmte, nicht begehbare, aber zugängliche oberste Geschossdecken beheizter Räume so gedämmt sind, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Geschossdecke 0,24 Watt/(m²•K) nicht überschreitet. Die Pflicht nach Satz 1 gilt als erfüllt, wenn anstelle der Geschossdecke das darüber liegende, bisher ungedämmte Dach entsprechend gedämmt ist.
(4) Auf begehbare, bisher ungedämmte oberste Geschossdecken beheizter Räume ist Absatz 3 nach dem 31. Dezember 2011 entsprechend anzuwenden.
(5) Bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat, sind die Pflichten nach den Absätzen 1 bis 4 erst im Falle eines Eigentümerwechsels nach dem 1. Februar 2002 von dem neuen Eigentümer zu erfüllen. Die Frist zur Pflichterfüllung beträgt zwei Jahre ab dem ersten Eigentumsübergang. Sind im Falle eines Eigentümerwechsels vor dem 1. Januar 2010 noch keine zwei Jahre verstrichen, genügt es, die obersten Geschossdecken beheizter Räume so zu dämmen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Geschossdecke 0,30 Watt/(m²•K) nicht überschreitet.
(6) Die Absätze 2 bis 5 sind nicht anzuwenden, soweit die für die Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können.
Besonders zu beachten gilt hierbei der Absatz 5: „ Sind im Falle eines Eigentümerwechsels vor dem 1. Januar 2010 noch keine zwei Jahre verstrichen, genügt es, die obersten Geschossdecken beheizter Räume so zu dämmen…“. Da wir bereits das Jahr 2011 schreiben, liegen wir folglich nicht mehr vor dem 1. Januar 2010 und somit genügt es dann auch nicht nur die oberste Geschossdecke zu dämmen.
Also sind Sie sehr geehrte Leser bitte vorsichtig beim Hauskauf. Es ist immer ratsam einen Sachverständigenkollegen mit zur Hausbesichtigungen zu nehmen. Dieser spart Ihnen, gerade in Zeiten zu denen einige Immobilienbesitzer Ihre Häuser verkaufen, weil womöglich die notwendigen finanziellen Mittel für eine fachgerechte energetische Sanierung nicht ausgegeben werden sollen, eine ganze Menge Geld. Ein Bausachverständiger informiert Sie sofort über die für ihn offensichtlichen Mängel, er hat und kennt die allgemeinen bautechnischen Vorschriften und kann Ihnen direkt nach der ersten vor Ort Besichtigung sagen, ob der Kauf des Objektes sinnvoll ist und welche ungefähr zu erwartenden Folgekosten nach dem Kauf auf Sie zukommen werden.
Natürlich stehen ich Ihnen auch gerne selbst zur Verfügung. Anruf genügt und ich werde mein Bestes dafür geben, dass Sie auf einen fairen Hauskauf ohne böse Überraschungen zurückblicken können.
Dieser Text wurde bereits am 29. September 2011 erstellt. Beachten Sie bitte die neueren Versionen der EnEV.