Man wundert sich immer, was so manch Kollege unternimmt, um an Aufträge zu kommen. Seit geraumer Zeit hören wir von einem „sehr günstigen“ Sachverständigen aus dem Raum Aichach zwischen Augsburg und München. Er legt besonders großen Wert darauf, seine Kunden von Rechtsstreitigkeiten abzuraten, damit wirbt er zumindest. Was ja so auch ganz in Ordnung ist. Streit ist die letzte Lösung, aber dadurch sollte natürlich auch keine Ungerechtigkeit entstehen.
Der Sachverständige und der Bauunternehmer sprechen bei einem Schlichtungsgespräch meist in Augenhöhe und der Schwache im Glied, der Bauherr oder eben Geschädigte, versteht oft nur wenig von dem, was die beiden anderen besprechen. Das bringt ein gewisses Ungleichgewicht in die Situation, wenn hier der Sachverständige nicht tatsächlich auf der Seite des Bauherrn ist, wird’s kritisch. Wobei festzuhalten gilt, dass sehr viele Sachverständige – vor allem die, die vorzugsweise regional arbeiten – mit den nahe ansässigen Unternehmen, meist „per Du“ sind. Auch das ist kritisch zu betrachten.
Aber zurück zu dem oben angesprochenen Sachverhalt. Günstige Sachverständige gibt es ja relativ viele, deren Schriftsätze sind oft noch viel billiger. Wir haben tatsächlich vor einiger Zeit ein Gutachten dieses Kollegen auf den Tisch bekommen. Auf der ersten Seite groß und nicht zu übersehen der Schriftzug „Öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden“ und der Name desjenigen. Das sogenannte Gutachten bestand vorwiegend aus Textbausteinen. Im Grunde wurde nur die Einleitung, eine Beschreibung zum Objekt mit ein paar Zeilen und das Schlusswort, ebenfalls nur ein paar Zeilen, individuell verfasst. Am Ende dann eine Signatur und ein Name in Blockschrift, der den gleichen Nachnamen, aber einen anderen Vornamen zeigte. Tatsächlich wirbt der Briefkopf mit einer öffentlichen Bestellung und Vereidigung und am Ende unterschreibt vermeintlich der Sohn. Natürlich kein Diplom Ingenieur, wie der gedachte Vater, sondern ein Bachelor. Man könnte sich vorstellen, dass er vielleicht noch im Studium steckt. Es wurde also vorsätzlich mit einer falschen Angabe geworben und im Schein eines anerkannten Sachverständigen schrieb ein „Lehrling“ in der Ausbildung. Hier könnte man durchaus von einer arglistigen Täuschung sprechen. Dass sodann das so betitelte Gutachten auch noch sehr günstig war, lässt sich nun auch gut erklären.
Soweit so erschreckend. Hinzu kommt aber noch, dass ein weiterer Sohn offenbar eine Sanierungsfirma leitet und sich vom besagten Vater die Sanierungsaufträge zuspielen lässt. So wird die öffentliche Bestellung und Vereidigung über eine Handwerkskammer schnell zum lukrativen Jobmotor. Der Kunde dem sämtlicher Stress genommen wird, bekommt kaum mit, welch übles Spiel hier vor geht.
Sehr geehrte Leser, auch hier sei wieder der Hinweis gegeben, eine öffentliche Bestellung und Vereidigung oder auch eine international anerkannte ISO-Zertifizierung kann durchaus mit sehr guten Fachkollegen belegt sein, aber auch hier gibt es schwarze Schafe, denen man besser aus dem Weg geht. Gut ausgebildete Sachverständige müssen schon alleine, um auf dem aktuellen Wissensstand zu sein, viele teure Weiterbildungen durchlaufen und das kontinuierlich, neben diesem müssen sie eine ganze Bandbreite von teuren Messgeräten vorhalten und wenn sie seriös arbeiten, mit ihrem Stundensatz auch eine Fachkraft im Büro bezahlen. Ganz zu schweigen von dem Büro selbst, dem Kraftfahrzeug und einigen anderen laufenden Kosten. Hiernach sollte man nicht vergessen, dass auch Erfahrung Geld kostet. Wer 20 Jahre lang „übt“, ist auch um 20 Jahre schneller und kompetenter. Derart Fachleistung kann es nicht für 100 Euro in der Stunde geben. Es sei denn, man verrechnet Ihnen Stunden, die gar nicht geleistet wurden, damit die Rechnungen bezahlt sind. Hierbei sollten Sie nie vergessen, geht ein Sachverständiger pleite, liegt es nahe, dass auch Ihre – womöglich letzten Beweise – verschwinden, wenn das Büro geschlossen wird. Auch ein sicheres Archiv wird einem nicht geschenkt. Ergo Augen auf beim Auswählen eines Bausachverständigen.