OLG Brandenburg, Urteil vom 14.03.2023 – 3 U 16/22
1. Zur vereinbarten Miete, die als Nutzungsentschädigung zu zahlen ist, gehört neben der Nettokaltmiete auch die Nebenkostenvorauszahlung oder die Nebenkostenpauschale.
2. Nach Ablauf der Abrechnungsfrist (“Abrechnungsreife”) besteht kein Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlungen mehr, der Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlungen geht vielmehr unter.
3. Allerdings stehen dem Vermieter gleichwohl die Verzugszinsen auf die nicht gezahlten Abschläge bis zur Abrechnungsreife zu.
4. Entspricht der Mietvertrag den Anforderungen für die Rechnungslegung nach dem Umsatzsteuergesetz nicht und stellt der Vermieter dem Mieter entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 UstG keine Rechnung aus, so ist dies für die Fälligkeit des Mietzinses unerheblich. Die Rechnungslegung ist nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung.
5. Dem Mieter steht grundsätzlich vor Rechnungserteilung ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber seinem Vermieter aus § 273 BGB zu.
6. Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB schließt den Verzug mit der Leistungserfüllung nur aus, wenn es vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird. Beruft sich der Schuldner erst danach auf sein Zurückbehaltungsrecht, wird der bereits eingetretene Verzug dadurch also nicht beseitigt.
7. Der Schuldner muss die Verweigerung ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringen. Dies erfordert, dass er den Gegenanspruch so genau bezeichnen muss, dass er selbst zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte. Das bloße Schweigen auf die Leistungsaufforderung und die Verweigerung der Leistung ohne gleichzeitige Geltendmachung dr Gegenanspruchs stellt noch keine Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes dar.
8. Tritt Fälligkeit der zunächst eingeklagten künftigen Leistung während des laufenden Rechtsstreits ein, kann allerdings ohne Antragsänderung ein unbedingtes Urteil ergehen.
Quelle und Volltext: irb-online.de
BGB § 273 Zurückbehaltungsrecht:
“(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) 1Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. 2Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.”