Allgemein geht man wohl davon aus, dass Auftragnehmer nicht für Mängel und Schäden eintreten müssen, die beispielsweise von Materialfehlern ausgehen. Ganz so allgemein ist das jedoch nicht zu betrachten, auch wenn sich so manch Auftragnehmer standhaft weigert, etwaige Schuld bei sich zu sehen und den Auftraggeber auf direktem Wege zum entsprechenden Hersteller weiterleiten möchte.
Im Fachbuch „Schadenfreies Bauen Wasserschäden“ von Günter Zimmermann (et.al.) ist hierfür ein sehr anschauliches Beispiel genannt. Beschrieben wird, dass ein Handwerksunternehmer für einen nach den Bauarbeiten aufgetretenen Wasserschaden, für welchen er selbst nichts konnte, da es sich um einen glasklaren, werkseitig produzierten Produktionsfehler handelte (Vergussfehler bei Kunststoffrohren), gerade stehen musste. Das mag im erstem Moment gar nicht so tragisch klingen, es handelte sich aber wohl um eine Trinkwasserleitung für eine Großstadt, deren Nacherfüllung (Nachbesserung) offenbar nicht so sehr geringfügig war.
Der Unternehmer kann sich in solch Fall vermutlich an der Hersteller der Kunststoffrohre wenden und seinen entstandenen Schaden hier bestenfalls ausgleichen lassen, aber gegenüber seinem Auftraggeber ist in aller Regel nur der Auftragnehmer (hier also der Handwerksunternehmer) in der Haftung. Was bei oben genanntem Beispiel auch so war.
Eine mögliche Ausnahme hierzu besteht jedoch beispielsweise nach VOB § 13 Abs. 3.
„… Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnung des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Abs. 3 obliegende Mitteilung gemacht…“
Die hier „obliegende Mitteilung“ aus § 4 Abs 3. VOB/B betrifft die schriftlich zu erstellende Bedenkenanmeldung (siehe auch den Text: „Anmeldung von Bedenken“)
Wie bereits erwähnt, kann sich der Handwerksunternehmer in Bezug auf den Schaden wohl an den Hersteller des fehlerhaften Materials wenden. Das klingt in der Theorie wunderbar, aber in der Praxis geht der Streit oft schon bei den entstandenen Ein- und Ausbauleistungen los. Will der Handwerker dann noch bereits bezahlte Gelder für die Unterbringung seiner Kunden, wie auch deren Mobiliar, zurück bekommen, da das Objekt, in welchem gearbeitet wurde, während der Bauarbeiten nicht gebrauchsfähig/bewohnbar war, wird es gerne mal ganz schwer. Kein Wunder, denn die Kosten für das eigentlich fehlerhafte Produkt sind oftmals verschwindend gering, gegenüber den weiteren möglichen entstehenden Kosten durch den Austausch.
Als kleines Beispiel: Das oben genannte Kunststoffrohr für die städtische Wasserleitung kostete im Einkauf pro Meter irgendwas um einen Euro, das Öffnen einer bereits asphaltierten und befahrenen Straße kostet aber viele tausend Euro. Müssen dazu noch der Verkehr, vielleicht gar Straßenbahnen, Busse, oder wie auch immer, umgeleitet werden, käme noch der Mehraufwand hinzu, welcher hierdurch entstanden ist. Womöglich fordern auch noch Anwohner einen Ausgleich. Schon könnte aus einem fehlerhaften Produkt, das vielleicht einen Euro kostet, ein Schaden von vielleicht 100.000 Euro werden.
Ich habe in diesem Text nun immer geschrieben, dass sich der Handwerker „wohl“ an den Hersteller wenden kann. An selbigen wenden kann er sich natürlich immer, aber ob er auch den ihm entstandenen Schaden ausgeglichen bekommt, ist etwas anderes.
Sind Handwerker und Lieferant als Kaufmann im Handelsregister eingetragen, besteht für den Handwerker natürlich auch die Pflicht, gelieferte Ware unverzüglich auf Mängel zu prüfen und möglicherweise auftretende und erkennbare Mängel zu rügen. Diese umfangreiche und vor allem verstärkte Prüfpflicht unter „Kaufmännern“ kann im Einzelfall sehr weit gehen, weit über die Rechte und Pflichten bei Käufen von Privatpersonen hinaus. Es bleibt hierbei kaum aus, dass der Handwerker insbesondere bei größeren Liefermengen Stichproben prüft und bestenfalls vielleicht gar Probeverarbeitungen durchführt. Klingt aus Handwerkersicht „krass“, sorgt aber für erheblich besseren Schlaf, sollte doch ein Mangel am eingebauten Produkt vorliegen.
Das nächste wohl bekannte Problem bei solchen Regressansprüchen könnte auch die Frage sein, ob man dem Lieferanten ein Verschulden nachweisen kann. Richtig kompliziert kann das werden, wenn der Lieferant nicht auch der Hersteller ist. Toll, werden Sie als Handwerker nun denken, denn allgemein kaufen Sie nicht direkt beim Hersteller Ihre Ware, sondern beim Großhandel. Der in diesem Sinne traditionell genutzte 3-stufige Vertriebsweg ist nach wie vor aktiv, aber eben auch eher ein Nachteil für den Handwerker, auch wenn die Industrie hier jahrzehntelang ganz anders argumentierte. Ich erinnere mich in diesem Zuge noch ganz gut an die Worte der Vertriebsmanager einiger großen Baustoffhersteller um die Jahre 2000 bis vielleicht 2003, die felsenfest davon überzeugt waren, dass der 3-stufige Vertriebsweg auch für die nächsten Jahrzehnte der einzig wahre für die Hersteller sein wird (kein Wunder, spart man sich doch jede Menge Gelder). Gut, dass auch hier ein Wandel stattfand, denn schon ab dem Jahr 2013 zeigte der allgemeine Vertriebstrend, dass der 3-stufige Vertriebsweg zunehmend an Bedeutung verliert und immer mehr Handwerker auf den Direkt-Vertrieb über den Hersteller zurückgreifen. Damit wird auch die Haftungsfrage einfacher zu beantworten sein, da man gerade den Materialfehler wohl einfacher dem Hersteller, als einem Zwischenlieferanten, nachweisen kann.
Sie sehen, im Grunde ist die Haftungsfrage aus Sicht des Auftraggebers und Bauherrn bei Materialfehlern relativ einfach, denn der Handwerker, der das Produkt verbaut, legt, montiert oder setzt, ist unstrittig die Ursache für den späteren Schaden. Komplizierter wird es jedoch, wenn der Handwerker seinen durch einen Materialfehler entstandenen Schaden beim Lieferanten und/oder Hersteller geltend machen will.
Wie so oft, ist die Problematik in diesem Text nur thematisiert und keinesfalls als abgeschlossen zu betrachten. Aus technischer Sicht, ergo mit Blick des Sachverständigen, ist die Sachlage verhältnismäßig einfach zu bearbeiten. Wir suchen in aller Regel die Ursache, sichern Beweisstücke, fassen bestenfalls die bisherigen Vorgänge zusammen, bringen Soll- und Ist-Zustand zu Papier und taxieren die Kosten zur Mängelbeseitigung (bzw. Schadenbeseitigung). Nicht ganz so einfach hat es der Jurist, den ich für eine umfangreiche juristische Beratung grundsätzlich immer empfehle. Er muss erst mal alle möglichen Zusammenhänge prüfen und feststellen, wer welche und vor allem in welchem Umfang Schadensersatzansprüche u. Ä. hat. Das ist nicht immer einfach und ganz bestimmt nicht derart, wie ich es oben kurz zusammengefasst habe. Von daher kann ich auch am Ende dieses Textes nur den Rat und die Empfehlung aussprechen, den Bauschaden – auch wenn er auf einem Materialfehler beruht – nicht nur von einem erfahrenen Sachverständigen prüfen zu lassen, sondern immer auch einen kompetenten Fachanwalt hinzuzuziehen. Im Zweifel rufen Sie einfach an, wir haben für unsere Kunden einen umfangreichen Pool von Fachanwälten, mit denen wir deutschlandweit zusammenarbeiten. Mit den meisten hiervon arbeiten wir schon viele Jahre äußerst erfolgreich.
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