Vinyl – Polvinylchlorid
Eine Überschrift und irgendwie schon gleich eine dicke Lüge! Denn Vinyl, … nein nicht die Schallplatte, sondern der Bodenbelag … auch wenn von der Ferne noch so naturnah aussehend, ist nichts anderes als der „Nickname“ für Polyvinylchlorid und die Abkürzung hierfür wiederum lautet schlicht und einfach PVC. Fakt ist, dass PVC oder auch Weich- bzw. Hart-PVC ein Kunststoff ist, der nur durch spezielle Weichmacher seine hohe Elastizität erreicht – ohne diese wäre PVC ein harter und äußerst spröder Stoff. So spröde wie die Plastikschaufel im Sandkasten, die früher einmal knallrot war und heute, nach Jahren in der Sonne, nur noch irgendwie blassrosa. Einmal auf den Boden gefallen, ist sie kaputt, weil eben die vor Bruch schützenden Weichmacher nahezu vollständig aus dem Material gewichen sind.
Ohne PVC und ohne Weichmacher?
Ergo die Aussage „ohne PVC und ohne Weichmacher“ stimmt somit nicht wirklich. Man hat dem „Kind“ nur einen anderen Namen gegeben, die Haare nach links anstatt nach rechts gebürstet und hofft, mit dem Wörtchen Vinyl-Belag dem üblen Ruf des PVC-Bodens entgegenwirken zu können. Diesen Vorgang nennt man heute auch „Greenwashing“. Ein ehemals stinkendes Produkt erhält einen neuen Namen und eine andere Farbe und schon stinkt es nicht mehr. Wird dem Verbraucher zumindest suggeriert. Im Falle des Vinyl-Belags hat man von der altbekannten Rollenware auf Klickpaneele umgestellt, die auf der Oberfläche das PVC … sorry Vinyl… und darunter eine damit verbundene harte Trägerschicht haben. Das Produkt sieht am Ende fast aus wie ein Laminat, nur ist die Oberfläche weicher (Laminat ist ja mittlerweile auch nicht mehr wirklich gewollt). Als Weichmacher werden einfach bis dato ungelistete bzw. noch nicht verbotene Stoffe genommen. Mit solch Rezepturunterschied begründet man dann wohl auch die „Namensänderung“. Mit dem Wissen, dass die Justiz wesentlich langsamer ist, als die Industrie, läuft das Geschäft ausreichend lang und ausreichend gewinnbringend. Nur wenige der Hersteller haben mittlerweile tatsächlich natürliche Alternativen für die sonst rein synthetisch hergestellten Weichmacher im Test. Ein Hersteller kündigte gar schon einmal an, dass er ab 2012 seine Produktion komplett umstellen wolle und ab dann Weichmacher aus nachwachsenden Rohstoffen nutzt (auf Basis von Zitronensäure). Solche Weichmacher, die auch eine Lebensmittelzulassung haben, und unter anderem in Kinderspielzeug zu finden sind. Aber, dass so einiges eine Lebensmittelzulassung hat, was nun so überhaupt nicht gesund ist und dass es einige zugelassene Spielzeuge gibt, die in Fachkreisen und auch schon darüber hinaus als äußerst kritisch angesehen werden, darüber liest man nicht. Auch wundert es ein wenig, dass, wenn es denn so einfach wäre, nicht gleich alle großen Hersteller Alternativen einsetzen.
Fakt ist, dass nahezu alle großen Hersteller phthalatbasierende Weichmacher nutzen. Einige weichen mittlerweile auch auf bis dato nicht reglementierte Phthalate wie DIHP (Diethylexylphthalat) aus. Wie oben angedeutet, bis diverse Stoffe reglementiert werden, dauert es sehr lange. Die Mühlen der Kontrollen und Reglementierungen laufen langsam und noch langsamer, wenn große Industrien dahinter stecken. Man erinnere sich nur an diverse Produkte, wie beispielsweise Glyphosat, welches im bekannten Unkrautvernichter Round Up vom Monsanto Konzern steckt. Seit das Produkt auf dem Markt ist, gibt es Kritiker. Seit dieser Zeit weiß man, wie toxisch das Produkt ist. Seit dieser Zeit versuchen Menschen, die zwei Schritte weiter denken, im Sinne der Gesundheit von Mensch und Natur, das Produkt vom Markt zu bekommen. Aber es ist ein Kampf gegen Windmühlen, denn zu viele Menschen verdienen sich hierbei eine goldene Nase.
Bodenbelag aus dem Heimwerkermarkt
Aber nun genügend geschimpft, überlassen wir das weitere Schimpfen anderen und sehen wir uns mal an, wo die Probleme beim Verlegen eines solchen Belages liegen.
Wie der Belag im Detail verlegt werden kann, finden Sie mittlerweile ja auch bei zahlreichen Heimwerkermärkten gut beschrieben und über das Aussehen muss man sicher auch nicht mehr so viel schreiben, denn wie allgemein bekannt, gibt es Vinyl-Beläge mit nahezu unendlicher Oberflächengestaltung, die je nach Hersteller, weit über täuschend echt aussehende Fliesen-, Holz- oder Steinoptik hinaus reicht.
Alle zwei, drei Monate Mängel
Als Sachverständiger habe ich so grob überschlagen, alle zwei, drei Monate mal einen Fall, zu dem ein Vinyl Bodenbelag leicht bis übermäßig verpfuscht wurde und das schon seit geraumer Zeit. Eigentlich seit man begonnen hat, PVC auf ein „Klicklaminat“ zu kleben und das als Vinyl Belag verkauft. Das mit dem Klick muss nicht sein, es gibt auch welche, die nur zusammengeschoben und verleimt werden und die Verlegevarianten sind natürlich auch schwimmend und verklebt möglich.
Keine oder zu geringe Bewegungsfugen
Das wohl größte Problem scheint zu sein, dass die Hersteller zu den Bewegungsfugen zwischen aufsteigenden Bauteilen (Wände, Heizungsrohre, etc.) und Bodenbelag über die Jahre die Angaben nach und nach verändert haben. Waren vor einiger Zeit noch 5 mm als Dehnungsabstand in den Verlegehinweisen der Hersteller angegeben, steht da heute nahezu ausschließlich 10 oder 10 bis 15 mm. Das Material dehnt sich mit Temperaturerhöhungen und auch durch Belastung relativ weit. So sind mir schon Beläge vor die Augen gekommen, die auf einer Fläche von ca. 2 m x 1,5 m ihr Volumen im Gesamten und quer zur Verlegerichtung um 15 cm erweitert haben. Natürlich war die Bewegungsfuge am Rand nur zwei bzw. drei mm bis gar nicht vorhanden, aber der Verarbeiter hatte hier auch den zweiten sehr wichtigen Punkt zur Verarbeitung übersehen und zwar das Temperieren des Belags.
Verlegetemperatur
Frisch geliefert sollten die Paneele im Paket nämlich erst einmal auf Verlegetemperatur (in aller Regel 18 bis 20 °C bei einer relativen Luftfeuchte von 40-60%) gebracht werden. Das heißt nichts anderes als, dass man die Ware eine Weile, bestenfalls über Nacht, im Verlegeraum lagert und diesen entsprechend heizt. Als Zusatzangabe ist ab und an das sogenannte Kreuzstapeln empfohlen. Geöffnet werden die Pakete erst kurz vor dem Verlegen. Zur Temperatur des Untergrundes auf dem der Vinyl-Belag aufgebracht werden soll, gibt es äußerst unterschiedliche Aussagen, die von maximal 20°C bis hin zu maximal 40°C reichen.
Restfeuchte beim Estrich
Der dritte, auch sehr häufige Fehler, ist das Übersehen der Restfeuchte bei frischem Estrich (Kontrolle der Verlegereife). Wie bei allen Belägen ist der Estrich mit einem CM-Messgerät vorab zu prüfen. Die durchschnittliche, von den meisten Herstellern, genehmigte Restfeuchte zur Verlegung von Vinylböden hängt von der Art des Estrichs ab und kann wie folgt definiert sein:
- Zementestrich – max. 2,0 CM% (mit Fußbodenheizung max. 1,8 CM%)
- Anhydritestrich – max. 0,5 CM% (mit Fußbodenheizung max. 0,3 CM%)
Es gibt auch Hersteller, die kurz und knapp bei allem Zementestrichen max. 1,8 CM% und bei allen Anhydritestrichen max.0,3 CM% vorgeben.
Untergund
Vinylböden können aber selbstverständlich auch auf andere Untergründe verlegt werden. Wichtig ist nur, dass diese auch trocken sind. Trocken und eben. Die Ebenheit des Untergrundes ist der DIN 18202 (Toleranzen im Hochbau) und hier vor allem aus der Tabelle 3 Zeile 3 (flächenfertige Böden zur Aufnahme von Bodenbelägen) zu entnehmen. Zwischenwerte dieser Tabellenangaben sind der Abbildung 5 selbiger Norm zu entnehmen. Verlassen Sie sich nicht auf die oftmals im Internet publizierten Tabellenwerte, sondern fragen Sie im Zweifel den Bausachverständigen Ihres Vertrauens (selbstverständlich stehe auch ich zur Verfügung, Telefonnummer steht unter diesem Text). DIN Normen ändern sich nämlich alle Nase lang und nicht jeder verfügt über die finanziellen Mittel oder ist gewillt diese zu investieren, um eine DIN aktuell zu halten, sind diese doch selbst in schmaler Ausführung oft teurer als jeder Sachverständigenbesuch.
Fußbodenheizung
Ist eine Fußbodenheizung unter dem neuen Belag, muss hier selbstverständlich auch die DIN 18353 (in Bezug auf den Heizestrich) und die DIN EN 1264 (für die Fußbodenheizung selbst) eingehalten werden.
Dampfsperre
Zuletzt sei noch ein weiterer relativ häufiger Fehler zu nennen. Nämlich das Vergessen von einer mind. 0,2 mm starken PE-Folie zwischen dem schwimmenden Vinyl-Belag und dem Estrich. Die Hersteller geben dies allgemein bei allen Estrichen vor, insbesondere bei Heizestrichen. Es wird auch angegeben, dass die Stoßbereiche der Folien mindestens 30 cm überlappen sollen (analog bei allen mir bekannten Verlegeanleitungen). Sehr deutliche Angaben zu einer dickeren Folie (Dampfsperre) mit mindestens 1,2 mm Dicke werden oftmals getroffen, wenn der Vinylboden auf einen Untergrund verlegt werden soll, der direkt an das Erdreich grenzt, wie z.B. nicht unterkellerte Räume, aber auch direkt über Kriech- oder Gewölbekeller. Diese Angaben zur Folie bzw. Dampfsperre zählen für die schwimmende Verlegung von Bodenbelägen aus Vinylpaneele.
Verlegeanleitungen
Ganz zum Schluss noch eine verwechselbare Angabe in unterschiedlichen Verlegeanleitungen. Bei Türübergängen wird in aller Regel ein geeignetes Profilsystem empfohlen, das eine Bewegungsfuge (Dehnungsabstand) von mindestens 5 mm zulässt. Diese 5 mm sind ausschließlich bei Türübergängen anzunehmen.
Während ich über Türübergänge schreibe, fällt mir noch eine weitere DIN ein, die gerne mal übersehen wird. Der Anschlussbereich zwischen einer Türzarge (bei gewöhnlichen Innenraumtüren) und Fußbodenbelag ist nach DIN 68706 gegen Feuchtigkeit zu schützen, wenn der Bodenbelag feucht gewischt wird. Das feuchte Wischen wird bei einem Vinylbelag völlig normal sein, ergo ist hier entsprechende Maßnahme zu ergreifen.
Sachverständiger
Wie so oft kommt beim genaueren Betrachten der Verlegsituationen eine ganze Menge an direkt betreffenden oder nur tangierenden Normen aufs Tapet. Auch gibt es noch zahlreiche weitere Verarbeitungshinweise, welche auch von Hersteller zu Hersteller und von Produkt zu Produkt abweichen können, aber dieses Mal möchte ich Sie nicht mit zu viel Text „überladen“.
Wenn Sie ein Problem mit Ihrem Vinyl-Boden haben, rufen Sie, wie etwas weiter oben schon angegeben, einfach direkt im Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung® Tel.: 0821 – 60 85 65 40 an. Vergessen Sie nicht, Mängel an solch Belägen haben oft viele Ursachen und ohne diese fachlich richtig darzustellen, werden Sie kaum Erfolg bei etwaigen Schadensersatz- oder Mangelbeseitigungsforderungen haben.
Wir helfen Ihnen gerne!
Weitere nette Fotos von aufgenommenen Mängeln, hier vor allem mangelhafte Sockelausbildung, fehlerhaftes Silikonieren und unzulässige Fugen im Belag: