Grundsätzlich ist das Lüften des Wohnraums zunächst einmal wichtig, um frische Luft in die Räume zu bekommen, denn seit 1995, das Jahr in welchem die ersten Luftdichtigkeitsrichtlinien in der DIN festgelegt wurden, werden Häuser immer dichter gebaut. Vor diesem Datum brachten, neben anderen, schon die undichten Fenster einen nicht unbedeutenden Luftwechsel im Raum zusammen. Danach wurden Wohnungen immer mehr abgedichtet. Heute leben wir so dicht, dass es für viele gesundheitliche Folgen hat. Schadstoffe, wie beispielsweise Benzol, Toluol, Formaldehyd, Pentachlorphenol, Lindan, Naphthalin, Phenanthren und viele andere, deren Ursprung in den Materialien unserer neuen und alten Einrichtungsgegenstände zu finden ist, machen immer mehr Menschen krank. Ob es sich um die Baustoffe, den Fußbodenbelag, den Teppich, das Möbel, die Tapete, das Reinigungsmittel, die diversen Körperpflegemittel, ja gar das Parfum, welches sich so manch ein Mensch täglich an den Körper spritzt, handelt, ist eigentlich fast egal. All diese Stoffe haben in aller Regel etwaige Inhaltsstoffe die alleine oder auch mit Bestandteilen anderer Produkte im Haushalt gesundheitliche Probleme auslösen können. Teilweise sind so manch alltäglichen Produkte gar als echtes Gift zu betrachten.
Organische Verbindungen
Flüchtige und schwer flüchtige organische Verbindungen kann man hierbei als zwei der vielen Oberbegriffe nennen. Diese können durch menschliche Aktivitäten, wie beispielsweise das Rauchen, aber auch durch Bauprodukte und Einrichtungen freigesetzt werden.
Emissionsquellen für flüchtige Verbindungen (kurz VOC für Volatile Organic Compounds) können beispielweise Styrol (z.B. Polystyrol, besser bekannt unter dem Markennamen „Styropor“), Polyurethan (PU-Schaum), Holzschutzmittel, diverse Lacke und Farben, Leime und Klebstoffe, Textilien, Wasch- und Putzmittel und ähnliches sein. Emissionsquellen für schwer flüchtige organische Verbindungen (kurz SVOC für Semi Volatile Organic Compounds) können beispielweise Phthalate (Weichmacher in zahlreichen Kunststoffen), Topfkonservierer und andere Biozide (in Farben, Lacken, Kleber etc.), Pyrethroide (in Holzschutz, Insektensprays, Teppiche etc.) Glykolverbindungen (in Klebern, aber auch in lösemittelfreien Farben, etc.) und vieles mehr sein. Je nach Art und Menge des Schadstoffes können die daraus erwachsenen gesundheitlichen Schäden auch sehr extreme Folgen – bis hin zum Tod – haben. Extrem gefährlich sind die kaum untersuchten Auswirkungen unterschiedlicher Stoffe miteinander (Kreuzverbindungen). Viele, naja eher ein paar, der bekannten gesundheitsschädlichen Stoffe unseres Alltags haben Grenzwerte bei deren Überschreitung man sicher weiß, dass gesundheitliche Probleme auftauchen, aber die Grenzwerte wiederum betrachten nur jeweils einen einzigen Stoff. Kreuzverbindungen und deren Auswirkungen können so vielfältig sein, dass solche Untersuchungen beinahe dem finden einer Nadel in einem gigantischen Heuhaufen gleichen.
Feuchtigkeit, Sauerstoff und Kohlendioxid
Das Lüften des Wohnraums dient aber natürlich auch dazu, die Kohlendioxidbelastung zu mindern, einer erhöhten Lüftfeuchtigkeit vorzubeugen und selbstverständlich auch Sauerstoff in den Lebensraum „Wohnung“ eindringen zu lassen.
Kohlendioxid entsteht beispielsweise beim Ausatmen von Luft. Der Mensch atmet mit der Luft Sauerstoff ein und gibt beim Ausatmen Kohlendioxid an die Raumluft ab. Hiermit reichert sich der Wohnraum selbst mit Kohlendioxid an und eine zu hohe Konzentration könnte beispielweise zu Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsschwierig-keiten führen.
Aus einer zu hohen Feuchtigkeitsbelastung kann neben anderen baulichen Schäden auch eine Schimmelpilzbildungen (nähere Info siehe ganz unten) resultieren. Durch die Nutzung von Wohnraum wird, abhängig von der Art der Nutzung, Feuchtigkeit in die Wohnräume eingebracht. Aus der Fachliteratur ist zu entnehmen, dass aus einem durchschnittlichen 4-Personen-Haushalt eine Feuchtebelastung von gut und gerne 9 kg (Liter) pro Tag und auch mehr hervorgehen kann. Hierzu ist anzumerken, dass bei einer 80 %igen relativen Luftfeuchtigkeit im Raum (entsprechend höher in schlecht belüfteten Ecken) in Verbindung mit organischen Bestandteilen auf der Wandoberfläche (z.B. Staub, Pollen, etc.) nahezu jeder Schimmelpilz einen idealen Nährboden findet. Schimmelpilze, deren Sporen zum Teil extrem giftig sind und nicht selten chronischen Erkrankungen der Atemwege wie auch Allergien auslösen können. Schimmelpilz bzw. eine erhöhte Luftfeuchtigkeit, zählt im Übrigen zu den Hauptproblemen europäischer Wohnungen. Laut aktuellen Studien sind ca. 16 % der europäischen Bevölkerung (ca. 80 Millionen Europäer) davon betroffen. Selbige Studien besagen auch, dass das Risiko in einer mit Schimmelpilzen kontaminierten Umgebung zu erkranken ungefähr doppelt so hoch ist, wie unter normalen Bedingungen. Studien gibt es natürlich viele und nicht selten sind selbige auch schön in eine bestimmte, zuvor schon angestrebte Richtung „gebogen“, aber in diesem Fall sind die Fakten schon länger bekannt und vermutet womit die Angaben wohl auch realitätsnah sind.
Wenn wir gerade bei Zahlen sind: Es gibt ungefähr 1 Million unterschiedlicher Schimmelpilzarten, welche in der Natur vorkommen. In der gewöhnlichen Innenraumluft ist mit dem Vorkommen von ca. 200 Schimmelpilzarten zu rechnen , wobei den nachfolgend Aufgezählten als Indikator für einen Feuchteschaden eine besondere Bedeutung zukommen (DIN 4108-8):
-
–Acremonium spp
-
Aspergillus penicillioides
-
Aspergillus restrictus
-
Chaetomium spp
-
Engyodontium (Tritirachium) album
-
Phialophora spp
-
Scopulariopsis brevicaulis
-
Scopulariopsis fusca
-
Stachybotrys chartarum
-
Trichoderma spp
Luftdichtigkeit ist heute ein wichtiger Aspekt beim Hausbau aber auch nicht immer unumstritten, denn die Normungen zum Wärmeschutz inkl. der Wohnungslüftung durchliefen die letzten Jahrzehnte einige Entwicklungsphasen. Wobei festzuhalten ist, dass das Nutzerverhalten der Bewohner sich wesentlich langsamer entwickelte. Als Beispiel, wer gerne Nachts bei offenem Fenster schläft, der schläft auch weiterhin bei offenem Fenster und nur in relativ wenigen Fällen wird das hier nachts gekippte Fenster über den Tag geschlossen oder gar tagsüber geheizt und stoßgelüftet. Spätestens bei einem solchen, weit verbreiteten Beispielverhalten spielt auch die Luftdichtigkeit des Gebäudes oder dessen Wärmedämmung so gar keine Rolle mehr. Ergo so manch Lebensgewohnheit wird auch durch die best durchdachten Normungen nicht so einfach abgestellt.
Hinzu kommt, dass das Fensteröffnen oder besser das allgemeine Lüftungsverhalten automotorisch nur dann geschieht, wenn etwas raucht oder unangenehm riecht, man die Nässe im Raum sieht (z.B. nach dem Duschen) oder bei anderen olfaktorisch oder visuell bemerkbaren Umständen. Riecht und sieht man nichts, kommt man allgemein kaum auf den Gedanken das Fenster mal zu öffnen.
Einflüsse auf das Lüftungs- und Heizverhalten
Im Fachbericht der DIN 4108-8 werden die Einflüsse auf das Lüftungs- oder auch Heizverhalten von Menschen wie folgt angegeben:
die Wetterfaktoren
(Außentemperatur, Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Sonnenschein, Verschattung, Niderschlag)
die Lebensgewohnheiten
(Anwesenheit, Rauchen, Geruchsbelastung, Haushaltsaktivitäten, Wäsche trocknen im Raum, Einstellung zum Energiesparen (Raumtemperatur, Bekleidung), Feuchtequellen (Duschen, Baden, Wäschetrocknen etc.) zugestellte Fensterbänke, Pflanzen, Aquarien)
und den örtlichen Gegebenheiten
(Windexponiertheit der Wohnung, Qualtität der Bauausführung (Dichtheit), Raumfunktion, Fensterart-/anordnung (Öffnungsmöglichkeiten), Heizungssystem, Lüftungssystem, Immissionen (Allergene, Lärm, Staub, Gerüche)
Lüftungsklappen ins Fenster
Um eine bessere Luftqualität im Wohnraum zu erreichen, haben findige Unternehmer gar Lüftungsklappen erfunden, welche man in den Fenster- oder Türrahmen einbaut und eine Fensterdichtung abklemmt, damit der bewohnte Raum regelmäßig … eigentlich und bei genauerer Betrachtung fortlaufend, gelüftet wird. Luftdicht ist das Fenster danach so gar nicht mehr, aber diese Maßnahme soll beispielsweise helfen, Schimmel in Wohnungen zu vermeiden, in denen zu wenig gelüftet wird. Argumentiert wird der Einsatz solch Fensterlüfter mit dem in DIN 1946-6 und der EnEV beschriebenem Mindestluftwechsel. Neben diesem wird die Aussage getroffen, dass solch Fensterlüfter nach DIN 1946-6 als Außenluftdurchlässe (ALD) eingesetzt werden können. Allerdings ist in den diversen Herstellerangaben nicht zu erkennen, dass diese Module überhaupt den Anforderungen der DIN 1946-6 Abs. 7.2.2. u.a. entsprechen, der Mindestluftwechsel auch wirklich in ausreichender Menge gewährleistet wird und – was womöglich besonders wichtig ist – die Luftdurchlässe im Bedarfsfall auch, wie ein Fenster mit funktionalen Fensterdichtung, dicht geschlossen werden können.
Es scheint paradox; Der Verbraucher, wie auch der Fensterbauer achten penibel darauf, dass das frisch eingebaute Fenster auch tatsächlich dicht ist. Lieber eine Dichtung mehr, als eine zu wenig, heißt es gerne einmal und dann kommt ein Produkt, das eben eine solche Dichtungsreihe einfach mal „abklemmt“. Im Schlafzimmer über die Nacht mag das völlig ok sein, aber spätestens tagsüber sollte auch in einem Schlafzimmer geheizt und stoßgelüftet werden, wie Sie weiter unten im Text erfahren werden. Dazu wäre es ein großer Vorteil, wenn die Fenster dicht sind – zumindest beim Aufheizen der Räume. Da jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit kaum einer die Einbauten tagsüber entfernt (vorliegendes Produktmuster wird im Fensterrahmen verschraubt), haben wir letztendlich ein „undichtes Fenster“ das gerade im Winter relativ viel Heizenergie kostet. Ich vertrete fest die Meinung, dass Mündige, in normalen Wohnungen oder eben auch kleinen Häusern lebende Bürger regelmäßig lüften können. Können sie das tatsächlich aus etwaigen Gründen nicht, dann scheint mir als Ingenieur eine automatische geregelte Raumluftanlage mit Wärmerückgewinnung wesentlich sinnvoller. Aber auch hier möchte ich die Betonung auf das „nicht können“ lenken, denn von allzu viel Technik im gewöhnlichen Wohnen bin ich bis dato wenig überzeugt.
Wie oft muss man denn Lüften?
Nun noch die viel umstrittene Frage, wie viel man eigentlich lüften soll. Die wenigsten haben vollautomatische Raumluftanlagen, bei den meisten ist das auch völlig unnötig, ergo die Großzahl der Wohnenden öffnet nach wie vor das Fenster und das wird auch noch viele Jahre so bleiben. Zur Beantwortung der Lüftungsfrage gibt es sehr umfangreiche Studien, aber selbst die Fachliteratur ist sich dazu nicht allgemeingültig einig. Die einen beschreiben die nötige Lüftungsstrategie mit den Worten: „Um im Resultat einen etwas 0,5 bis 1,0-fachen Luftwechsel pro Stunden zu erreichen, müssen in einem typischen Wohnhaus etwa alle 2 Stunden alle Fenster (über Tag und Nacht) für 5 bis 10 Minuten geöffnet werden.“ Die Nächsten geben an, dass man 5 mal pro Tag für ungefähr 10 Minuten stoßlüften sollte.
Liest man nun noch die Gerichtsurteile zum zumutbaren Lüften eines Wohnraums, wird die Sachlage noch etwas verwirrender. Nachfolgend ein paar Beispiele:
BGH VII ZR 182/06:
„…Es ist Mietern zumutbar, eine etwa 30 qm große Wohnung bei Anwesenheit von zwei Personen während des Tages insgesamt vier Mal durch Kippen der Fenster für etwa drei bis acht Minuten zu lüften…“
OLG Frankfurt 19 U 7/99:
„…Zur ordnungsgemäßen Belüftung einer Wohnung reicht es aus, dass morgens zweimal und abends einmal quergelüftet wird…“
LG Dortmund 1 S 49/07:
„…7 mal täglich muss nichtgelüftet werden ..“
LG Konstanz 61 S 21/12 (A):
„…Hinsichtlich des Lüftungsverhaltens dürfte höchstens eine tägliche Lüftung von 3 Mal gefordert werden können …“
LG Hagen a S 53/12:
„…4- oder 5-malige Lüftung bei durchgängiger Anwesenheit aller Bewohner für notwendig angesehene Lüftungsverhalten ist zumutbar …“
AG Nürtingen 42 C 1905/09:
„…Dreimal tägliches Stoßlüften ist zumutbar…“
AG München 412 C 11503/09:
„..Durchgängiges Lüften kann nicht verlangt werden, auch nicht ein Nachtschlaf bei geöffneten Fenster …“
LG Frankfurt(Oder) 19 S 22/09:
„…Zweimaliges Stoßlüften am Tag für 10 bis 15 Minuten ausreichend…“
AG München 8 O 2699/10:
„..Eine Wohnung ist nicht gebrauchstauglich und damit mangelhaft, wenn der Erwerber seine Wohnung 7 – 10 mal pro Tag lüften muss…“
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg 20 C 234/13:
„… sechs- bis achtmaliges Stoßlüften ist für den Wohnungsmieter unzumutbar, von dem Mieter kann lediglich ein deimaliges Stoßlüften verlangt werden…“
und so weiter und so weiter…
Aus unserer Sicht ist jedoch das am Landgericht Frankfurt (AZ 2 -17 S 89/11) im Februar 2012 gesprochene Urteil wohl am dichtesten an der Realität. Hier wird die Aussage getroffen, dass ein drei- bis viermaliges Stoßlüften pro Tag auch für einen berufstätigen Mieter zumutbar ist. Allerdings trifft das Gericht auch die Aussage, dass man vom Mieter nicht verlangen kann, seine Wohnung alle 3-4 Stunden täglich stoßzulüften um ein mangelfreies Raumklima herzustellen. Dies sei insbesondere einem berufstätigen Mieter nicht zumutbar, der zwangsläufig einen längeren Zeitraum abwesend ist. Das Stoßlüften könne lediglich zu den Anwesenheitszeiten des Mieters verlangt werden. Abgesehen davon stellt das Gericht fest, dass ein Bauwerk gegebenenfalls an die heutigen Anforderungen anzupassen ist.
Letzterer Satz ist aber mit äußerster Vorsicht zu genießen und trifft bei weitem nicht immer und bei jedem Sachverhalt zu. So hat beispielsweise der BGH in einem Urteil (AZ V ZR 195/11) zu dem ein Wohnungseigentümer vom anderen verlangte seinen Trittschall nach neuen Schallschutzbestimmungen nachzuarbeiten, deutlich gemacht, dass neue Schallschutzbestimmungen nur dann gelten, wenn bei Sanierungen alter Gebäude grundlegende Veränderungen vorgenommen werden oder neuer Wohnraum geschaffen wird. Ergo, so einfach kann man den Nachbarn aber auch dem Vermieter nicht zum Nachbessern zwingen.
Zurück zum Lüften und zum wohl wichtigsten Satz des ganzen Textes. Wie oft man Lüften muss hängt vom individuellen Nutzerverhalten des Wohnenden, dem Grundriss der Wohnung, Dem Gebäude selbst, den Einrichtungsgegenständen, den tierischen und pflanzlichen „Mitbewohnern“ und natürlich den eingesetzten Klima beeinträchtigenden Baustoffen sowie dem Klima der jeweiligen Region selbst ab.
Ein allgemein gültiges Rezept für die manuelle Fensterlüftung kann es aus diesem Zusammenhang nicht geben! Das Erklären uns sogar die Autoren der DIN!
Ohne solch individuellen Angaben nützen dann auch die vielen Hinweise in der Literatur wenig, die angeben wie lange man beispielsweise auch in welcher Fensterstellung lüften sollte. Nachfolgend eine häufig in diversen Informationsbroschüren abgedruckte Tabelle, wobei – wie meistens – weder eine Raumgröße noch eine Fenstergröße angegeben wurde. Man also gar nicht sagen kann wieviel m3 Raumluft überhaupt getauscht werden und durch welchen Querschnitt das erfolgen sollte. Ebensowenig weiß man um die Umstände in Bezug auf die vorhandene Raumluftfeuchtigkeit, möglichen Schadstoffgehalt etc. pp. Zusammengefasst, man weiß nichts über das jeweilige Objek, die Fenster oder Raumgröße, will aber pauschal verlauten lassen wieviel Luft durch ein, auf die Größe bezogen unbestimmtes Fenster kommt, wenn es gekippt ist. Dass das nur Quatsch sein kann, dürfte schnell klar werden aber eben solch Quatsch publizieren tatsächlich auch augenscheinlich angesehene Institute bzw. deren Verlagstochter.
Etwas realistischer wird dann doch wieder einmal die DIN, genauer die DIN 4108-8 aus dem Jahre 2010. Sie gibt folgendes für das Raumlüften vor:
Wohnzimmer
Im Wohnzimmer ist regelmäßiges Lüften erforderlich, um die Feuchtigkeit zu entfernen. Befinden sich im Wohnzimmer sehr viele Pflanzen oder andere Feuchtequellen (z.B. zum Trocknen aufgehängter Wäsche, Zimmerbrunnen), sollte besonderer Wert aus regelmäßiges Lüften gelegt werden. Spätestens wenn die Luftqualität als schlecht empfunden wird, sollte eine Stoßlüftung erfolgen
Schlafräume, nachts
Hinsichtlich der prinzipiellen Vermeidung gekippter Fenster während der Heizperiode stellt der Schlafraum eine Ausnahme dar. Aus praktischen Gesichtspunkten können Fenster über Nacht angekippt bleiben; diese nächtliche Grundlüftung ist tagsüber mit einer geeigneten Stoßlüftung zu kombinieren; Außerhalb der Stoßlüftung sind die Fenster tagsüber zu schließen. Durch die nächtliche Kipplüftung kann eine örtliche Auskühlung im bereich der Fensterlaibung im Winterfall auftreten. Dem Effekt der absenkenden Oberflächentemperatur steht dabei jedoch die gleichzeitig zu verzeichnende Austrocknung des Bauwerks entgegen. Die für Schimmelpilzwachstum erforderliche lange Zeitdauer des kritischen Feuchtezustandes schränkt die Wahrscheinlichkeit von Schimmelpilzwachstum durch lokale Auskühlung im Fensterbereich weiter ein. Unterbleibt jedoch die zusätzlich Stoßlüftung tagsüber, kann – abhängig vom Innenraumklima und der Beheizung des Schlafraums – in den ausgekühlten Fensterlaibungen Schimmelpilzwachstum auftreten. Bei ausschließlicher Fensterlüftung stellt die nächtliche Dauerkippstellung oder eine Spaltlüftung in den Schlafräumen die aus Sicht der Schimmelpilzwachstumsvermeidung günstigste Lüftungsvariante zur feuchtetechnischen Entlastung der Bauteile der Gebäudehülle dar. Vermeidbare energetische Nachteile entstehen durch dieses Verhalten nur, wenn das Fenster außerhalb der Schlafzeiten geöffnet bleibt.
Schlafräume, tagsüber
Nach dem Aufstehen sollten, auch bei nachts offenen oder gekippten Fenstern, eine oder mehrere intensive Stoßlüftung(en) mit weit geöffneten Fenstern erfolgen. Anschließend sollten im Winter die Fenster geschlossen werden und der Schlafraum tagsüber beheizt werden, um das Austrocknen der Feuchte zu ermöglichen, die während der Nacht in Stoffen, Matratzen, Teppiche, der Einrichtung und den obersten Bauteilschichten aufgenommen wurde. Dieser Energieaufwand ist zugunsten der Feuchteabfuhr und Schimmelvermeidung in Kauf zu nehmen. Wenn möglich, sollte auch im Laufe des Tages mehrmals stoßgelüftet werden. Im Lauf eines Nachmittags oder frühen Abends (je nach Dämmstandard des Gebäudes) kann die Heizung im Schlafraum wieder abgedreht werden, um die Raumtemperatur bis zum Schlafengehen auf das gewünschte Temperaturniveau absinken zu lassen.
Kellerräume mit Kellernutzung
In Kellerräumen weisen die Außenwände oftmals nur niedrige Oberflächentemperaturen zur Raumseite hin auf. In solchen Räumen kann es im Sommer und vor allem in den Übergangszeiten im Herbst, wenn die warme Luft in den Keller gelangt, zu einem Niederschlag von Luftfeuchtigkeit an der kalten Kellerwand und zu Schimmelpilzwachstum kommen. Insbesondere bei Altbauten kann eine Abdichtung des Kellers fehlen und es zu einer Durchfeuchtung kommen. Im Winter ist in Kellerräumen eine gegenüber dem Sommer verstärkte Lüftung (mit der dann trockene Außenluft) sinnvoll. Ein „Trockenlüften“ feuchter Keller ist häufig nicht möglich.
Kellerräume mit Wohnnutzung
Hinsichtlich der Schimmelvermeidung sollten Kellerräume, sie zur dauerhaften Wohnnutzung vorgesehen sind, wärmegedämmt und beheizbar sein, vor Durchfeuchtung von außen geschützt und über mindestens eine Fensterlüftungsmöglichkeit verfügen. Genaueres regelt die Landesbauordnung.
Bitte bechten Sie, dass Sie in jedem Fall auch im Sommer den Keller lüften, kontrolliert und nicht dauerhaft. Sollten Sie Käsequatsch wie den folgenden in irgendeinem schlauen Ratgeber lesen, können Sie selbigen getrost in den Abfall werfen. Selbiges gilt natürlich auch, wenn Ihnen irgendjemand erzählen möchte, dass Lüftungsanlagen im energetischen Bauen unverzichtbar sind oder dass Wärmedämmung immer rentabel ist oder oder oder…. all dieser, zumeist viel verbreitete, pauschale Unsinn, kostet in der Regel nur viel Geld und hilft Ihnen kein bisschen.
DIN 4108 gibt in Teil 8 an, wie man grob den erforderlichen mittleren Luftvolumenstrom und Luftwechsel mittels den darin enthaltenen Grafiken ermitteln kann. Allerdings sind auch diese Angaben oder die daraus ermittelten Ergebnisse nur grobe Anhaltspunkte, denn die Individualität des Menschens bzw. Wohnenden ist damit immer noch nicht berücksichtigt, ebenso die tatsächlich vorhandene bautechnische Konstuktion. Schon in der Basis, zur Emittlung der Feuchtequellen und -mengen sind und können die Daten nur grobe Durchschnittswerte liefern. So ist beispielsweise die Feuchteabgabe eines Menschen selbstverständlich von seiner Statur und z.B. der jeweiligen Neigung zum Schwitzen abhängig. Ergo auch Nachfolgendes kann nur einen rudimentären Hinweis geben:
Neubaufeuchtigkeit nie unterschätzen
Lüften ist jedoch ebenso wichtig, nachdem beispielsweise ein Neubau fertig gestellt wurde oder eine Sanierung/Modernisierung oder Instandsetzung abgeschlossen wurde. Ein Stichwort hierzu und wohl auch das wichtigste zugleich ist die Baufeuchte. Baufeuchte kann im Neubau oder auch nach Instandsetzungen und Modernisierungen bzw. Sanierungen auftreten. Gerade wenn man an die Menge von Wasser denkt, die Putze oder Estriche benötigen um verarbeitbar zu werden. Nachfolgend einfach einmal ein Beispiel:
30 Kg eines durchschnittlichen Kalkmörtels (Körnung 0-6 mm) der Putz/-Mörtelgruppe PIc (Mörtel mit hydraulischem Kalk) benötigen ca. 6 Liter Wasser. Mit diesem Gemisch kommt man pro 30 Kg Trockenmaterial und einer Auftragsstärke von 8 mm genau 1 m2 weit. Das heißt wird haben direkt nach dem Verputzen auf jedem Quadratmeter Putz 6 Liter Wasser, welches nahezu vollständig verdunsten soll. Sehen wir nun eine durchschnittliche 100 m2 Wohnung die mit wiederum durchschnittlichem Grundriss vielleicht 400 m2 Wand und Deckenfläche hat, welche verputzt wurden, so haben wir alleine im frischen Putz 2.400 Liter Wasser.
Bei z.B. Anhydritestrich ist das Mischungsverhältnis Trockenware : Wasser mit durchschnittlich 40 kg : 6,5 L recht ähnlich. Allerdings benötigt man grob überschlagen ca. 19 kg Trockenmasse pro m2 für 1 cm Estrichdicke. Gewöhnliche schwimmende Estriche sind mindestens 3,50 cm dick, das heißt 66,5 kg Trockenware je Quadratmeter und somit über 10 Liter Wasser je Quadratmeter Estrich (3,5 cm dick). Ergo noch einmal 1.000 Liter Wasser im Haus bei einer 100 m2Wohnung.
Zusammengefasst erhielt unsere Beispielwohnung mit 100 m2 Wohnfläche 3.400 Liter Wasser nur durch Putz und Estrich. Nun dürfen wir aber nicht vergessen, dass im Massivbau auch Wasser im Mauermörtel, Fliesenkleber, Anstrichsfarbe und einigen anderen Produkten steckt, ergo Putz und Estrich bringen zunächst zwar viel Wasser ins Haus aber noch lange nicht alles. All diese Feuchte muss durch ein verstärktes Lüften und Heizen aller Räume aus dem Gebäude entfernt werden. Ein Neubau in Massivbauweise benötigt alleine für dieses Austrocknen ca. 2 Jahre (je nach Größe auch mehr). Geht man hier zu sparsam mit dem Lüften und Heizen um, dann hat man relativ schnell Feuchtigkeitsschäden (vor allem Schimmelschäden).
Neue Fenster, alte Wand
Wie erwähnt kann auch bei Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten eine kritische Feuchtesituation im Haus entstehen. Einer der bekanntesten Fehler ist wohl der Einbau von neuen Fenstern in ungedämmte Altbauten, gepaart mit einem nicht darauf hinweisen, dass nach solch Teilsanierungen ein erhöhten Lüftungsbedarf besteht.
Durch den Einbau von gut und besser isolierenden, dichten, mehrfachverglasten Fenstern anstelle der früher vorhandenen einscheibigen Verglasungen ohne Lippendichtungen wurde und wird oftmals sowohl der Transmissionswärmeverlust als auch der Lüftungswärmeverlust stark reduziert. Das ist eine tolle Sache, aber, wie zuvor beschrieben fehlt jedoch häufig die Aufklärung zu der nun notwendigen, gezielten Belüftung der Wohnung durch Stoßlüften. In diesem Zuge fehlt dann natürlich auch die Aufklärung über die physikalischen Zusammenhänge mit der Raumluftfeuchte. Die Folgen sind nahezu immer gleich: Die Raumluftfeuchte steigt erheblich und in aller Regel führt dies dann zum Tauwasserausfall auf den Wandinnenoberflächen der Außenwände und hier vor allem und auch beginnend in den kälteren Eckbereichen (meist in den Fensterlaibungen, und den zumeist schlecht belüfteten Raumecken links und rechts der Fenster). In selben Szenarium wird zusätzlich zu den bereits beschriebenen Vorgehensweisen noch viel zu wenig geheizt.
Da, wie auf dieser Internetseite zum Thema Schimmel bereits häufig beschrieben, die Tauwasserbildung mit sinkenden Raumtemperaturen zunimmt, besteht vor allem in kaum oder gar nicht geheizten Schlafzimmern (u.ä.) die Gefahr von mehr oder weniger auffälligem Schimmelpilzbewuchs. Manchmal schnell und leicht ersichtlich, manchmal aber auch versteckt hinter Schränken oder Verkleidungen oder wie auch immer. Verstärkt wird so etwas durch Temperaturabsenkungen in den Räumen. Auch wenn früher die Ärzte gerne dazu geraten haben, den Schlafraum möglichst kühl zu halten, so ist das heute in dieser Art sogar oft gefährlich für das Raumklima – zumindest bei abgedrehter Heizung im Winter und dicht geschlossenem Fenster. Dann nämlich erhöht sich die Luftfeuchtigkeit nicht nur durch das Abkühlen des Raumes sondern auch durch die abgegebene Feuchtigkeit des Menschen während dem Schlafen. Kommt dann möglicherweise noch eine offene Zimmertüre dazu, durch welche die warme Luft der beheizten Räume hineinströmt, somit Feuchtigkeit mitzieht, die im kühlen Schlafzimmer bzw. deren Wände und anderen kühlen Oberflächen auskondensiert, dann wird das Schlafzimmer schnell zum Vergnügungspark für eine Vielzahl von Schimmelpilzen.
Überbelegung von Wohnraum
Blickt man in ältere Fachliteratur, also so um die Zeiten, als wir noch keine Kunststoff-Lippendichtungen in den Fenstern kannten, so fällt natürlich auf, dass die heute dichten Fenster damals noch gar keine Rolle spielten. So um 1900 stand gar in den Fachbüchern, dass man solche Situationen nie ganz dicht bekommt – höchstens annähernd durch die Einlage bzw. das Aufnageln von Flanell, Filz, Guttaperchastreifen u.ä. in die Falze der Fenster. Diese Zeiten und auch die davor und eine Weile danach, brachten dann aber häufig das Problem der Überbelegung mit sich. Insbesondere während der Kriege war Wohnraum nicht selten knapp. Viele Bewohner auf relativ kleiner, oftmals auch viel zu kleiner Fläche, führten zu einer großen Wasserdampfproduktion (siehe oben 50 g/h bis 1.200 g/h gibt 1 Mensch durchschnittlich ab). Eine Situation, die eine viel zu hohe relative Luftfeuchtigkeit erzwungen hat womit auch hier das Schimmelpilzwachstum im Grunde unausweichlich war. Ich habe dieses Problem der Überbelegung nun als ein frühreres Problem im Zusammenhang mit Schimmelpilzen beschrieben, was nicht ganz richtig ist. Auch heute haben wir noch solche Probleme beispielsweise in überbelegten Asylheimen, manchmal auch im normalen sozialen Wohnungsbau und ähnlichen Gebäuden, die von vielen Menschen genutzt werden, leider aber – und das muss hier auch erwähnt werden – nur selten auf dem neusten Stand der Technik sind.
Auch das Thema Mindestluftwechsel und Luftdichtigkeit ist selbstverständlich geregelt, so gibt die EnEV 2014 in § 6 an:
(1) Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass die Wärme übertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist. Wird die Dichtheit nach Satz 1 überprüft, kann der Nachweis der Luftdichtheit bei der nach § 3 Absatz 3 und § 4 Absatz 3 erforderlichen Berechnung berücksichtigt werden, wenn die Anforderungen nach Anlage 4 eingehalten sind.
(2) Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.
§ 6 Abs. 2 der EnEV 2014 wird mit der DIN 1946 und dessen Teil 6 umfassend in Bezug auf die Raumlufttechnik detailliert. So wird hier nicht nur der geforderte Luftwechsel konkretisiert sondern eben auch vorgegeben, dass die Architekten oder ausführenden Handwerker ein Lüftungskonzept erstellen müssen. Nicht immer aber immer dann wenn ein Neubau erstellt wird oder mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster (im MFH/Mehrfamilienhaus und EFH/Einfamilienhaus) ausgetauscht wird oder mehr als 1/3 (im EFH) der Dachfläche saniert wird. Dann, so die 1946, muss sichergestellt werden, dass die Anforderungen an den Mindestluftwechsel eingehalten werden.
Der exakte Wortlaut der DIN 1946 Abs. 4.1 lautet wie folgt:
…. Eine Instandsetzung/Modernisierung eines bestehenden Gebäudes ist dann lüftungstechnisch relevant, wenn ausgehend von einem für den Gebäudebestand anzusetzenden n50-Wert von 4,5 h-1
im MFH mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster ausgetauscht wird
im EFH mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster ausgetauscht bzw. mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet werden…..
Das Lüftungskonzept selbst wird in Anhang B der DIN 1946 Teil 6 aufgezeigt. Nachfolgend das Ablaufschema zur Festlegung lüftungstechnischer Maßnahmen und Auslegungen von Lüftungssystemen und -komponenten. Die gesamte DIN 1946-6 gibt es natürlich beim Beuth-Verlag:
Abschließend soll noch ein wenig gewarnt werden. Da hinreichend Grund zu der Annahme besteht, dass sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik hinsichtlich der Wohnungslüftung derzeit noch in der Entwicklung befinden und sich damit auch weiterhin vielfach mehr oder weniger deutlich verändern, sollte man als Planer oder ausführender Handwerksunternehmer fortlaufend ein Auge auf die Fachregeln werfen.
Als Auftragnehmer haben Sie mindest nach BGB (falls vereinbart auch VOB) einer vertraglichen Leistungspflicht nachzukommen. § 633 Abs 2 BGB gibt zwar an, dass ein Werk frei von Sachmängeln ist, wenn es die vereinbarte vertragliche Beschaffenheit hat, aber das Werk muss natürlich auch den Regeln der Technik entsprechen. Eben genau dies steht zwar nicht im BGB unter den Sach- und Rechtsmängeln aber es wird – auch gestützt durch zahlreiche Urteile des BGH – vorausgesetzt. Ändern sich in der Zeit zwischen Angebotsabgabe und Abnahme die allgemein anerkannten Regeln der Technik könnte daraus ein nachzubessernder Mangel resultieren.
Dies alles geht beispielsweise aus folgendem Zitat eines BGH-Urteil hervor (vom 14.05.1998 AZ: ZR184/97):
„…. Der Besteller kann redlicherweise erwarten, dass das Werk zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme diejenige Qualitäts- und Komfortstandards erfüllt, die auch vergleichbare andere zugleich fertig gestellte und abgenommene Bauwerke erfüllen. Der Unternehmer sichert üblicherweise stillschweigend bei Vertragsabschluss die Einhaltung dieses Standards zu. Es kommt deshalb im Allgemeinen auf den Stand der anerkannten Regeln der Technik zur Zeit der Abnahme an…“
Sollten Sie noch Fragen hierzu haben, dann können Sie sich gerne an das Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung® wenden (Tel.: 0821 – 60 85 65 40).