BGB §§ 195, 199, 242, 249, 280, 642; VOB/B § 6 Abs. 6; ZPO § 256
1. Als Prozessvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, sonst wird die Klage ex nunc unzulässig. Für die Beurteilung der Frage, ob der Bauherr für seine Feststellungsklage gegen planende und bauüberwachende Architekten behauptete Schadensersatzansprüche von Handwerkern und Erwerbern für Bauzeitverzögerung durch die Wahrscheinlichkeit eines Vermögensschadens hinreichend dargelegt hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein Geschädigter – hier: Handwerker und Erwerber – regelmäßig innerhalb von drei Jahren nach der ersten Vermögenseinbuße eine Feststellungsklage erheben und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts darlegen muss, um die Verjährung des Ersatzanspruchs zu hemmen, obwohl der endgültige Schaden erst viele Jahre später berechnet werden kann.*)
2. Zu der baustellenbezogenen Darstellung der Ist- und Sollabläufe gehört u. a. eine genaue Aufstellung darüber, welche Arbeitskräfte und -mittel (Maschinen o. ä.) entgegen einer konkreten Planung weder an dieser Baustelle der Auftragnehmerin noch auf anderen Baustellen oder sonst anderweitig eingesetzt werden konnten und welche sonstigen ganz bestimmten Nachteile und Verluste die Auftragnehmerin gerade wegen der jeweiligen Bauzeitverzögerung erlitten hat. Die Auftragnehmerin muss also im Einzelnen darlegen, wie sie den Ablauf des gesamten Bauvorhabens bei der Auftraggeberin geplant hat und wann es bei konkreten Personen oder Gruppen bzw. Baumaschinen und -geräten zu welchen Produktionsstillständen gekommen ist, die durch rechtzeitig geplante und vorgezogene anderweitige Maßnahmen und Aufträge nicht ausgeglichen werden konnten.*)
3. Bei Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerung sind die bauplanenden und bauüberwachenden Architekten nicht nach § 242 BGB wegen einer vermeintlichen Einbindung in das bauausführende Unternehmen gehindert, die dem Bauunternehmen entstandenen Schäden in der Höhe zu bestreiten.*)
4. Es ist Sache des bauausführenden Unternehmens und betrifft auch das unternehmerische Ermessen, wie sie den Einsatz ihres Materials und Personals für das streitgegenständliche oder auch weitere Bauvorhaben im maßgeblichen Zeitraum plant. Die Planung und deren Umsetzung umfasst dabei nicht eine Momentaufnahme, quasi einen Zeitausschnitt, sondern einen ständigen Prozess, der mit der Feststellung der jeweiligen Situation beginnt, die Möglichkeiten des eigenen Handels im Hinblick auf das zu erreichende Ziel – hier: die Vertragserfüllung – unter Berücksichtigung von Chancen, Risiken, Effizienz und Effektivität erfasst, bewertet, eine bestimmte konkrete Maßnahme auswählt, anordnet, sie sodann umsetzt und kontrolliert.*)
5. Gerade bei großen Bauvorhaben, die jahrelange Vorarbeiten und eine ebenso mehrere Jahre andauernde Bauausführung umfassen, ergeben sich verändernde Situationen wie z.B. durch geänderte Aufträge, aber auch unerwartete Bauverzögerungen, Personal- oder Materialengpässe, oder durch neue parallel auszuführende Bauvorhaben. Die Auseinandersetzung mit diesen veränderten Situationen bedingen die oben skizzierten Grundsätze des Planungsprozesses.*)
6. Dass die planenden und überwachenden Architekten zumindest in einem für die Bewertung der Bauzeitverzögerung maßgeblichen Zeitabschnitt in die Aufbau- und Ablauforganisation des bauausführenden Unternehmens eingebunden waren, ist substantiiert vorzutragen. Dabei ist eine solche Einbindung zweifelhaft, da es sich dabei nicht nur um unternehmerische Ermessensentscheidungen, sondern – zumindest teilweise – auch um Betriebsgeheimnisse handelt.*)
LG Karlsruhe, Urteil vom 05.10.2018 – 6 O 340/15 (…)
Quelle und Volltext: ibr-online.de