Dämmstoffe sind im heutigen Bauwesen nicht mehr wegzudenken. Hauptgründe sind die Einsparung von Wärmeenergie und natürlich ein gesundes Wohnklima. Technisch ist dies auf den ersten Blick aber oft gar nicht so leicht ausführbar – vor allem dann, wenn es sich um eine Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes handelt oder man schlicht nicht wirklich gut an die zu dämmenden Stellen heran kommt. Platten- oder Mattendämmstoffe können hier relativ selten einen Einsatz finden, vor allem dann, wenn man zunächst keinen Teilabriss angehen kann, um diese Dämmprodukte sauber und vollflächig zu verlegen.
Die Alternative sind dann Einblasdämmstoffe, die entweder aus künstlich hergestellten Rohstoffen oder direkt aus der Natur kommen. Ob aus Holz, Polysterol, Glas, Altpapier oder gar aus amorpher Kieselsäure, Möglichkeiten gibt es sehr viele und die Verarbeitung dieser Dämmprodukte ist im Grunde immer ähnlich.
Aber wir wollen ja vernünftigerweise nicht nur Häuser, die gut gedämmt kaum Heizenergie benötigen, sondern wir wollen auch gesund leben. Wir wollen Baustoffe um uns haben, die keine Giftstoffe abgeben oder schon bei deren Herstellung der Umwelt Schaden zufügen. Berücksichtigt man dies bei der Wahl des Dämmstoffes, so bleibt nicht mehr viel Auswahl. Holz ist zu wertvoll und schon jetzt werden Rufe laut, dass der Holzverbrauch in unserem Lande viel zu hoch ist. Polysterol ist billig aber ein Produkt, welches Erdöl zur Herstellung benötigt und in frischem Zustand sogar gesundheitsgefährdende Ausgasungen aufweist. Dazu kommt natürlich auch die Entwicklung von giftigen Dioxinen im Brandfall und, last but not least, die außerordentlich teure Entsorgung. Schaumglas benötigt erhebliche Herstellungsenergien und das neuste aller Produkte aus amorpher Kieselsäure weist zwar traumhafte Dämmwerte aus, aber die Stäube hiervon sind dermaßen gesundheitsgefährdend, dass sie zu erheblichen Lungenschäden führen können. Was bleibt noch? Richtig Altpapier, aber welche Inhaltsstoffe sind hier vorhanden? Da die Altpapiercellulose aus unterschiedlichen Papiersorten hergestellt wird und keinerlei Auswaschung erfährt, sind hier alle möglichen Giftstoffe aus der Papier- und Druckproduktion vorhanden. Angefangen über Bleichmittel bis hin zu teilweise noch vorhandenen Schwermetallen in den Druckerfarben – die Palette der Inhaltsstoffe ist lang und nie wirklich vollkommen deklarierbar. Ergo ein Produkt, dass man nur empfehlen kann, wenn niemanden interessiert, was da eigentlich drinnen ist. Sieht hoffnungslos aus, wenn man Umweltschutz und gesundes Wohnen bei der Einblasdämmung berücksichtigen will – ist aber nicht so!
Das „Zauberwort“ heißt Wiesengrascellulose. Ein aus einfachem Wiesengras gewonnener Dämmstoff, der umweltfreundlich produziert wird und absolut keine negativen Auswirkungen auf Mensch und Tier hervorruft.
Das Prinzip ist einfach. Zunächst wird das, in ganz Europa als Weide- und Wiesengras, kultivierte Weidelgras siliert. Durch diese Silage wandeln die in der Pflanze enthaltenen Milchsäurebakterien Zucker in Säure um und der ph-Wert fällt in einen Bereich von 4,0 bis 4,5 ab. Dieser natürliche Vorgang ist nötig, um pflanzeneigene Enzyme sowie aerobe und fakultativ anaerobe Mikroorganismen wie Bakterien oder Schimmelpilze zu unterdrücken und gärschädliche Bakterien am Wachstum zu hindern.
Nach dieser Silage wird das Wiesengras mit Hilfe von warmem Wasser in mehreren Waschgängen ausgewaschen und hierdurch komplett in seine Einzelteile zerlegt. Zunächst sind dann, grob beschrieben, zwei Bestandteile übrig; eine dunkelgrüne wässrige Brühe und die reine Zellulosefaser. Die dunkelgrüne Brühe enthält alle löslichen Teile der Pflanze, wie beispielsweise Nitrate, Phosphate, Kalium, Stickstoff und einige Aminosäuren, die in weiteren Aufspaltungsverfahren herausgefiltert werden. Was danach noch an wässriger Lösung übrig bleibt, wird oftmals in eine Biogasanlage zur Erzeugung von elektrischem Strom und Wärmeenergie weitergeleitet und als geklärtes Prozesswasser zurück in die Wiesengrasaufbereitung geführt. Auf diese Weise wird kein Tropfen Flüssigkeit verschwendet und die Zufuhr von externem Trinkwasser unterbunden. Positiver Nebeneffekt: die für die Wiesengrasaufbereitung nötige Wärmeenergie und der elektrische Strom werden gleich noch mitgeliefert. Das heißt auch, dass durch die Synergie von Biogasanlage und Wiesengrasaufbereitung eine autarke Industrie entsteht, die abgesehen von der, im besten Fall einmaligen Zufuhr und dem geringen Bedarfsausgleich des Prozesswassers keinen zusätzlichen Versorger benötigt. Nullenergie, den Rohstoff von den benachbarten Feldern, ohne künstliche Dünger und weite Transportwege – ökologischer kann es kaum funktionieren.
Zurück zur Cellulose. Der herausgewaschene faserige Bestandteil des Grases, die Cellulose, wird zur Verwendung als Cellulosedämmstoff, nach mitteleuropäischen Vorschriften noch mit Brand- und Rauchschutz ausgerüstet. Diese Aufgabe wird durch die Zumischung von Borsalz im Nassverfahren gelöst. In diesem Fall ca. 2 Teile Borax (Natriumtetraborat-decahydrat) und 1 Teil Borsäure. Nach dem Zumischen des Borsalzes und der anschließenden Trocknung in der Trockenstraße erhält man dann einen Ein-, Aufblas- und Stopfdämmstoff, der aus ca. 96 % Zellulose, 4 % Borsalz besteht und somit hautfreundlich beim Einbau und sogar kompostierfähig im Entsorgungsfall ist.
Einfacher Materialtransport vor Ort – dämmen ohne vorherigen Abriss
Der Einbau der Wiesengraszellulose funktioniert auf die selbe Art und Weise, wie auch bei anderen Zellulosedämmstoffen. Beim Einblasen in kleinräumige Hohlräume genügen Bohrlöcher mit einem Durchmesser von 25 bis 35 mm. Für leicht zugängliche Decken oder noch offene Fußbodenkonstruktionen kann Wiesengras auch als Schüttware genutzt werden. Die Hersteller empfehlen zur Verarbeitung die Anlagen der Firma X-Floc Dämmtechnik-Maschinen GmbH aus Renningen. Es können jedoch auch andere konventionelle Maschinen ohne nennenswerte Umbauten eingesetzt werden, sofern sie über ausreichend Luftzufuhr (oft ist ein Zusatzgebläse von Nöten) und einen hindernissfreien Materialfluss verfügen.
Maschinentechnik:
Wie bei allen Naturcelluloses ist eine leistungsstarke Maschine mit hoher Luftleistung von nöten. Empfohlen wird das Fabrikat M95-400V-6,7 kW mit Verstärkerstation oder stärker.
Empfohlenes Maschinenzubehör:
- Verstärkerstation
- AgriCell-Rührarm
- Blasschablone
- Entlüftete Drehdüse mit großem Querschnitt („x-jet 75“)
- Abweisblech
- Maschinenabsaugung (Zusatzoption)
Entlüftete Drehdüse; über den Baumwollsack entweicht die Luft, die zuviel ist und durch die drehbare Einblasdüse kann das Material bestens in der Konstruktion verteilt werden.
Als vorteilhaft gilt allgemein die Verwendung einer entlüfteten Drehdüse als Einblasdüse, vor allem für vertikal stehende, luftdichte Trockenbaukonstruktionen wie Vorsatzschalen, Trennwandsysteme und Einblasarbeiten zwischen Folien und Baupappen. Beim Einblasen zeigt das Produkt die Bildung eines dreidimensionalen Vlieses (die ausgefranste Cellulosestruktur verhackt sich fest ineinander), was wiederum eine geringe Verdichtungsneigung und damit hohe Formbeständigkeit/Setzungssicherheit gewährleistet.
Die Rohdichte des Dämmstoffes liegt raumausfüllend (Verblasen) bei ca. 40 bis 65 kg. Der tatsächliche Materialbedarf ist grundsätzlich von der Erfahrung des Verarbeiters und der Art des zu dämmenden Bauteils abhängig. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,042 W/(mK) nach DIN 52612 erreicht dieser Dämmstoff einen guten Wert im Verhältnis zu technisch ähnlich zu verarbeitenden Produkten. Auch der mit 1-2 µ gegebene Wasserdampfdiffusionswiderstand des Dämmstoffes spricht, gerade in Zeiten von allgemein gewünschten diffusionsoffenen Wandaufbauten, sicherlich für sich. Die Lieferung erfolgt in handlichen 9 kg PE-Säcken.
Baustelleneinrichtung:
- Für eine leistungsstarke Einblasanlage wird ein Drehstromanschluss mit einer trägen 16 A/20A oder einer Schmelzsicherung benötigt (Alternative: entsprechendes Dieselaggregat).
- AgriCell ist stets vor Feuchtigkeit zu schützen, insbesondere trocken zu transportieren, zu lagern und zu verarbeiten.
- Aufstellung der Einblasmaschine an einem trockenen, später leicht zu reinigendem Ort.
Verlegung der Einblasschläuche:
- Möglichst großen Schlauchquerschnitt wählen
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Keine Reduzierungen in der Steigleitung
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PU-Schläuche sind die besseren Transportschläuche
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Weniger flexiblen Einblasschlauch für kontrolliertes Einführen in Gefache
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Schläuche dürfen nicht geknickt und in zu kleinen Biegeradien verlegt werden