Umweltbewusst und vor allem nachhaltig bauen heißt, dass man Baustoffe nutzt, die biologisch abbaubar sind, die keinerlei Gifte in die Umwelt abgeben und eine positive CO2 Bilanz aufweisen. Viele Menschen unseres Landes denken, wenn auf dem Werbeplakat umweltfreundlich steht, dann ist das auch so. Die meisten hinterfragen den Werbeslogan nicht, sie glauben es einfach. Stimmt dann noch der Einkaufspreis und ist der Verkäufer recht freundlich, dann ist das Produkt gekauft. Überrascht sind viele erst, wenn das Produkt bereits eingebaut ist oder wenn man es aufgrund einer Sanierung oder dem Abriss entsorgen muss, denn mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Baustoffen, die zwar sehr günstig im Einkauf sind, aber in der Entsorgung nicht selten ein Vielfaches mehr an Kosten fabrizieren. Aber nicht nur das, viele Produkte die anno dazumal mit strapazierfähig, dauerhaft und wunderbar gekennzeichnet sind, sind definitiv gesundheitsschädigend einzustufen.
Heute sind wir sogar soweit, dass sich führende Chemiekonzerne zusammenschließen und sich nach außen als unabhängige Beratungsstelle darstellen oder gemeinsam etwaige Institutionen unterhalten, welche namentlich z.B. mit den Worten „Umwelt“ und „Kompetenz“ beworben werden. Sinn und Zweck des ganzen ist, nicht mehr oder weniger, als das man trickreich versucht den Konsumenten klar zu machen, dass Mediziner, Baubiologen und Mitbewerber, Panikmacher, Spinner oder gar fachlich benebelte Irrführer sind. Ein Fakt den man vor ein paar Wochen in nahezu allen Medien aufschnappen konnte. Da hat ein Sachverständigenkollege mit einem Filmteam dargestellt, welche Gefahren Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol darstellen. Prompt wurde diese Darstellung als falsch und übertrieben gegenargumentiert. Beweise als Trugbild bezeichnet. Fachleute als Schwätzer hingestellt und mit althergebrachten und längst überholten Propagandasprüchen versucht, die Wahrheit in den Schatten zu stellen. Doch mittlerweile haben sich selbst ehemalige Anhänger auf die Gegenseite gestellt, da auch diese nun wissen, dass so einiges nicht mehr glaubhaft zu machen ist. Die Schar der Bauherren informiert sich immer mehr, sucht und findet Alternativen und sie will nicht, dass ihre Kinder den günstigen Baustoff von heute später teuer bezahlen müssen. Aber schimpfen wir nicht auf dunkelschwarzen Lobbyismus, sehen wir uns Alternativen an.
Alternative
Eine Alternative im Dämmstoffsektor sind zum Beispiel Dämmstoffe aus Hanf. Eine Rohstoffpflanze, die ohne großen Aufwand auf deutschen Feldern wächst, ergo eigentlich überall regional angebaut werden kann. Hanf zählt grundsätzlich zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt, wobei drei Arten unterschieden werden.
Hanfarten
Der Ruderalhanf (Cannabis sativa subsp. ruderalis), eine Art die auch in kalten Regionen der Erde sehr gut wächst (z.B. im Ural oder in Südsibirien etc.). Sie wurde und wird vor allem in der Medizin als schmerzstillendes Mittel oder gegen Übelkeit genutzt oder auch in der Textilverarbeitung, als Nahrungs- oder Rauschmittel. Oft wurde und wird auch eine Kreuzung mit dem indischen Hanf vollzogen um die Witterungsbeständigkeit der Pflanze zu erhöhen.
Wobei wir auch schon bei der nächsten Art wären, dem Cannabis sativa subsp. indica, ergo dem umgangssprachlich bekannten indischem Hanf. Dieser kann und wird in der Medizin verwendet und vor allem auch als Rauschmittel. In den letzten Wochen ist gerade diese Hanfsorte wieder einmal im Gespräch, da sie in Deutschland seit 1982 grundsätzlich als ein illegales Rauschmittel gilt und unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Der Besitz von geringen Mengen wird zwar mittlerweile strafrechtlich nicht verfolgt, doch ist nicht definiert was eine geringe Menge ist. So wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich bewertet. Die Argumente gegen die Legalisierung des Indicas sind großteils fadenscheinig und auf Vorurteile aufgebaut, die selbst immer wieder durch anerkannte Mediziner und Wissenschaftler widerlegt wurden und werden. Nicht selten wird auch mit sehr paradoxen Erklärungen aufgewartet. So wird beispielsweise mit der Betitelung Einstiegsdroge argumentiert und das in einem Land, in dem alkoholische Produkte, also Produkte, die eine starke körperliche und psychische Abhängigkeit und nicht selten Aggressivität, im worst case, sogar den Tod verursachen können, als Lebensmittel angesehen werden. Das Kraut jedoch, das im schlimmsten Fall nur eine psychische Abhängigkeit (identisch mit dem Rauchen von Tabak) verursacht und dessen Rauch weit weniger gesundheitsschädliche Substanzen enthält als zum Beispiel Tabak, wird angeprangert. Ich will nicht für den Konsum von Drogen werben, doch möchte ich verdeutlichen, dass gerade diese oft mit Halbwissen gefütterten Gegenargumente wesentlich mehr Anreiz zum Probieren geben, als wenn man Cannabis legalisieren würde. Noch wichtiger aber wäre eine Legalisierung aus meiner Sicht für die industrielle Nutzung. Teure und aufwändige Kontrollen im Nutzhanfanbau würden obsolet.
Nutzhanf, genauer Cannabis sativa subsp. sativa, ist dann auch schon die dritte Sorte des Hanfs. Das ist die Art, die einen äußerst geringen THC-Gehalt, dem berauschenden Stoff im Kraut, aufweist und somit allgemein nicht als Rauchmittel nutzbar ist. Auch ein Grund, warum diese Hanfart seit 1996 aus dem generellen Hanfanbauverbot herausgenommen wurde. Er ist schon beinahe als Wundernutzpflanze betitelbar, denn sein schnelles Wachstum und die hohe Faserqualität lassen eine breite industrielle Nutzbarkeit zu. So können hiervon nicht nur Textilien, sondern auch Dämmstoffe, Formteile, Industrie- und Speiseöle, Papier, Brennstoff, Druckerfarben und vieles mehr, hergestellt werden. Cannabis sativa subsp. sativa wächst innerhalb von ungefähr 110 Tagen bis zu 4 Meter in die Höhe. Hierbei ist keine all zu große Pflege notwendig, denn bei diesem rasanten Wachstum bleibt Unkräutern nicht viel Platz und vor allem Licht zum Wachstum. Unkrautbekämpfungsmittel sind somit also überflüssig, ebenso wie chemische Pflanzenschutzmittel.
Der Wegbereiter
Ein Unternehmen das mit dem Rohstoff Hanf seit vielen Jahren forscht, entwickelt, produziert und dabei keine Mühe und Kosten scheut, ist die Firma Hock GmbH in Nördlingen. Hock stellt vor allem Dämmstoff aus dem Nutzhanf her. Hierzu gehören gewöhnliche Platten- bzw. Mattendämmstoffe aber auch Stopfdämmung, Randdämmstreifen für Estriche oder Trittschallunterlagen für Parkette u.ä.. Als Bausachverständiger, der mitunter Wärmedämmsysteme zu seinen Schwerpunkten zählt, beobachte ich den Aufbau der Firma seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, quasi seit der ersten Stunde. Die Geschäftsführerin, Frau Carmen Hock-Heyl, hat mit einer vorbildlichen Willenskraft und unendlich scheinender Tatkraft einen harten aber sehr erfolgreichen Weg beschritten und ein Unternehmen aus dem Boden gestampft das mittlerweile für über 70 Menschen einen sicheren Arbeitsplatz darstellt. Mit ihrem unternehmerischen Geschick und der dazugehörigen Ausdauer schaffte sie aber auch die Grundlage für zahlreiche weitere Arbeitsplätze, z.B. in der Landwirtschaft und eine breite Akzeptanz zum Rohstoff Hanf selbst. Ich neige sogar dazu zu schreiben, dass ohne der fleißigen Dame aus dem Ries die Hanfindustrie in Deutschland nicht annähernd so akzeptiert werden würde, wie sie es heute wird.
Maßgeschneidert ohne Mehrkosten
Die Wärmedämmplatten der Firma Hock kann man in zwei Varianten beziehen, als „Premiumversion“ mit einer Stützfaser aus Polyester und der etwas umweltfreundlicheren, weil kompostierbaren „Plus“-Variante, mit Stützfasern aus Maisstärke. Beide Dämmplatten enthalten keine Borate für den Brandschutz, sondern einfaches Soda. Im Groben kann man zusammenfassen, dass die Hanfdämmplatten aus ca. 83 bis 87% Hanffaser, 10 bis 12% Stützfasern und 3 bis 5 % Soda hergestellt werden. Die Dämmplatten erreichen einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von 0,040 W/mK und haben eine Rohdichte von 30 bis 42 kg/m3. Die Schimmelpilzanfälligkeit konnte nach EN ISO 846 mit der Bestnote 0 bewertet werden, was soviel bedeutet wie, dass keinerlei Schimmelpilzwachstum festgestellt werden kann. Einsetzbar sind die Dämmplatten für Innendämmungen, Decken-, Boden-, Außenwanddämmungen und auch als Dämmstoff auf oder zwischen die Sparren des Daches. Kurz und knapp, überall im und am Haus, außer im erdberührten und somit feuchtigkeitsbelasteten Perimeterbereich. Was die wenigsten bieten, ist bei Hock auch in wirtschaftlich nicht so tollen Zeiten ohne Aufpreis zu erhalten, nämlich die Maßanfertigung. So kann man im Nördlinger Unternehmen den Hanfdämmstoff angepasst an die benötigten Maße bestellen, ohne einen Cent mehr zu bezahlen. Dies spart das zeitraubende Zuschneiden und somit auch einiges an Verarbeitungskosten auf der Baustelle.
Abschließend sei noch zu erwähnen, dass die gesamte CO2 Belastung für die Herstellung der Hock-Hanfdämmstoffe, von der Einsaat bis zur Verladung des Dämmstoffes, geringer ist, als das Einspeicherpotential der Hanfpflanze selbst. Womit sich jeder Bauherr, der seine Immobilie ausreichend mit dem Hanfdämmstoff dämmt, tatsächlich auch als Klimaschützer betiteln dürfte. Neben diesem ist der Naturdämmstoff, mit Blick auf den sommerlichen Hitzeschutz, um Meilen den Kunstprodukten wie z.B. „Styropordämmung“ voraus.
Zum eingangs erwähnten Einkaufspreis sei auch erwähnt, dass das Naturprodukt natürlich um einiges mehr „Manpower“ benötigt, als Kunstschaum oder auch, um nicht nur immer das günstige Polystyrolprodukt zu nennen, Abfallprodukte, wie zum Beispiel Altpapiercellulose. Die Pflanze muss angesät und geerntet werden, hiernach die Faser aufbereitet und der Dämmstoff hergestellt werden. Daraus resultiert, neben dem nicht unbedeutenden positiven Faktor etlicher Arbeitsplätze, auch ein etwas höherer Einkaufspreis als bei Produkten, die im schlechtesten Fall aus der Papiertonne ungereinigt (mit sämtlichen Schadstoffen aus der Papier- und Druckindustrie behaftet), einfach nur im Trockenverfahren aufgefasert werden. Sicherlich gibt es für solch Recyclingprodukte, wie eben diese Altpapiercellulose sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, aber ob man einen Stoff bzw. den dazu genutzten Rohstoff (Altpapier), dessen Schad- bzw. Inhaltsstoffe mitunter ein mehr als tausendseitiges Fachbuch füllen, im Haus haben muss, ist sehr umstritten vor allem auch, da sich die Hersteller im Großen und Ganzen tiefergehenden, neutralen Untersuchungen verschließen.
Noch mehr Information
Mehr zu dem Rohstoff Hanf können Sie in meinem Fachbuch„Natürliche und pflanzliche Baustoffe“ erfahren. Das Buch kann selbstverständlich in jedem Buchhandel bezogen werden.
Für Fragen rund um die sichere Planung, Verarbeitung und Einsatzfähigkeit aber auch zur Bauüberwachung und Baukontrolle oder im Fall von Schäden und unsachgemäßer Ausführung stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Rufen Sie einfach im Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung an (Tel.: 0821 – 60 85 65 40), ich begutachte und berate Ihr Bauvorhaben bundesweit und natürlich auch im Ausland.
Kurze Filmspots zum Hanf im Bauwesen:
Dämmen nicht Rauchen:
http://www.youtube.com/watch?v=QIdnCN10iro
Herstellung von Hanfdämmung:
http://www.youtube.com/watch?v=PlLD6XYlLyU
Hanfdämmung für die Fassade:
http://www.youtube.com/watch?v=DpnWfDmOZ8M
Hanfdämmung im Dach:
http://www.youtube.com/watch?v=txR7SSK_8hU
Sommerlicher Hitzeschutz mit Hanf:
http://www.youtube.com/watch?v=XL2L7-gGCgQ
Trittschallunterlage aus Hanf unter Parkett:
http://www.youtube.com/watch?v=_YrpslM32H4
Dieser Text wurde am 31. Januar 2012 erstellt