Allgemein ist zu beachten, dass derartige Sachverständige grundsätzlich immer Parteigutachter sind und für Ihren Vertragspartner, aber nicht für Sie, tätig sind. Dies wird gerne in Erklärungen des Bauträgers, Fertighausanbieters oder auch des Bauunternehmers dahingehend weich geredet, dass Ihnen als Bauherr oder Käufer erklärt wird, dass es sich um einen neutralen Sachverständigen handelt. Gerne wird auch angeführt, dass es sich hier um einen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter oder um einen TÜV- oder auch DEKRA-Sachverständigen handelt. Klingt alles schön, ändert aber nichts daran, dass hier immer noch ein Parteigutachter beauftragt wurde und zwar nicht von Ihnen, sondern von jenem, der die Mängel und/oder Schäden fabriziert oder eben dessen Leistung geprüft werden soll. Einige Unternehmen gehen mittlerweile gar soweit, dass Ihnen irgendwas von einem Losverfahren erklärt wird, um damit die vermeintliche Neutralität zu verdeutlichen, die natürlich auch hier nur bedingt vorliegt. Müssen tun Sie auch hier so gar nichts, denn das Recht auf einen eigenen Sachverständigen haben Sie immer und sollten Sie auch immer nutzen.
Letzteres hat auch der Gesetzgeber erkannt und diesem Vorgehen einen Riegel vorgeschoben. Mit einem Urteil des OLG Frankfurt von 02.10.2018 (AZ :29 U 163/17) wurde klargestellt, dass (Ausschnitt aus dem Leitsatz):
„Die von einem Bauträger in den Erwerberverträgen gestellte Klause, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen TÜV erfolgt, benachteiligt die Erwerber unangemessen und ist unwirksam.“
In vorgenanntem Fall ist im Bauvertrag folgende Klausel enthalten gewesen:
„…. Die Abnahme des Sondereigentums erfolgt durch den Käufer, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den TÜV Rheinland-Pfalz. Der TÜV wird vom Käufer unwiderruflich bevollmächtigt, das Gemeinschaftseigentum für ihn abzunehmen.“
Dies geht derart natürlich so gar nicht. Damit wurde den Käufern jegliche Möglichkeit genommen, selbst eine Prüfung zu vollziehen. Selbst wenn hier nur eine private Organisation in Form des TÜVs genannt wurde, so hatten die Käufer keine Wahl, was ihnen zusteht.
In anderen Fällen ist dies analog diesem Vorgehen, so wird bei Fertighausanbietern, wie oben erwähnt, gerne mal angedeutet, dass sie „nur“ diesen und jenen Sachverständigen akzeptieren. In gleichem Gange wird dargestellt, dass man selbst einen Sachverständigen einbeziehe und nur dessen Bewertung berücksichtige. Argumente wie, dieser ist zertifiziert für Schimmel oder wie auch immer, jener ist öffentlich bestellt und vereidigt oder ein anderer kommt aus der Region sind regelmäßig zu hören. Oft hört man in der Tat auch, dass derjenige Auserwählte schon öfter für die Firma tätig war, eine Koryphäe sei, etc., pp. Auch das ist alles Quatsch, es ist und bleibt ein Parteisachverständiger, der vom Unternehmer beauftragt wurde und dessen Leistung bewertet – oder deutlicher, der Unternehmer prüft seine eigene Leistung, nicht mehr, nicht weniger. Dreister geht’s in derart Fällen auch noch, so haben wir schon erlebt, dass der Unternehmer einen angestellten Mitarbeiter zur Prüfung sendete mit den Worten „Mein Mitarbeiter ist auch Sachverständiger“.
Lassen Sie sich nicht täuschen, beauftragen Sie einen eigenen Sachverständigen, damit sind Sie oft auf der wesentlich sichereren Seite. Neutral ist jedoch am Ende (hoffentlich) nur der vom Richter gesendete Sachverständige, alle anderen Gutachter sind parteiisch und schreiben Partei- bzw. Privatgutachten.
Privatgutachten sind demnach auch alle Gutachten die nicht vom Richter beauftragt wurden. Hier kommt auch vom Unternehmer immer mal die Anforderung, dass man einen „Gerichtsgutachter“ beauftragen muss. Dies ist in sich schon Unsinn und umfassend falsch formuliert, denn die Bezeichnung „Gerichtsgutachter“ betitelt allenfalls einzig einen Gutachter den ein Richter sendete, aber nicht einen Gutachter welcher von einem Unternehmen beauftragt wurde.
Die Rechtsanwälte Prof. Dr. Rolf Kniffka und Dr. Wolfgang Koeble haben in Ihrem Werk „Kompendium des Baurechts“ die Anwendungsgebiete von Privatgutachter sehr treffend und vor allem allgemeinverständlich erklärt, so wird diese hier wie folgt dargestellt:
„… Das Privatgutachten sollte eingeholt werden, wenn die Eilbedürftigkeit absolute Priorität hat. Es kommt aber auch dann in Frage, wenn Ermittlungen nötig sind, um Mängel überhaupt und deren Ursache oder Bedeutung feststellen zu können. Schließlich ist es dann angebracht, wenn der Bauherr unsicher ist, ob und welche Ansprüche überhaupt geltend gemacht werden können bzw. sollen. Das Privatgutachten ist auch erforderlich, um ein vom Gericht eingeholtes Gutachten zu erschüttern und um Tatsachen zu finden, die für eine Neubegutachtung nach § 412 ZPO ausreichen….“