Grundsätzlich ist zu beachten, dass derartige Sachverständige grundsätzlich immer Parteigutachter sind und für ihren Vertragspartner, aber nicht für Sie, tätig sind. Dies wird gerne in Erklärungen des Bauträgers, Fertighausanbieters oder auch des Bauunternehmers dahingehend weich geredet, dass Ihnen erklärt wird, dass es sich um einen neutralen Sachverständigen handelt. Gerne wird auch angeführt, dass es sich hier um einen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter oder um einen TÜV- oder auch DEKRA Sachverständigen handelt. Klingt alles schön, ändert aber nichts daran, dass hier immer noch ein Parteigutachter beauftragt wurde und zwar nicht von Ihnen, sondern von jenem, der die Mängel und/oder Schäden fabriziert oder eben dessen Leistung geprüft werden soll. Einige Unternehmen gehen mittlerweile gar soweit, dass Ihnen irgendwas von einem Losverfahren erklärt wird, welchem Sie unabdinglich zustimmen müssen, um damit die vermeintliche Neutralität zu verdeutlichen, die natürlich auch hier nur bedingt vorliegt. Müssen tun Sie auch hier so gar nichts, denn das Recht auf einen eigenen Sachverständigen haben Sie immer und sollten Sie auch immer nutzen. Dies gilt im Übrigen auch bei Versicherungsschäden. Als Geschädigter haben Sie grundsätzlich das Recht einen Sachverständigen zu wählen, unabhängig davon was die Versicherung so wünscht. An Vorschläge der Versicherung sind Sie hier nicht gebunden (siehe z. B. Urteil des LG München vom 18. Januar 2019, Az. 9 S 12645/18 – hier KFZ-Schaden, was jedoch analog im Bauwesen zu betrachten ist).
Der Gesetzgeber hat auch erkannt, dass der vertragliche Zwang einen Sachverständigen des Bauträgers zu beauftragen nicht rechtens ist. Mit einem Urteil des OLG Frankfurt von 02.10.2018 (AZ :29 U 163/17) wurde klargestellt, dass (Ausschnitt aus dem Leitsatz):
„Die von einem Bauträger in den Erwerberverträgen gestellte Klausel, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen TÜV erfolgt, benachteiligt die Erwerber unangemessen und ist unwirksam.“
In vorgenanntem Fall ist im Bauvertrag folgende Klausel enthalten gewesen:
„…. Die Abnahme des Sondereigentums erfolgt durch den Käufer, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den TÜV Rheinland-Pfalz. Der TÜV wird vom Käufer unwiderruflich bevollmächtigt, das Gemeinschaftseigentum für ihn abzunehmen.“
Mit derartiger Klausel wurde den Käufern jegliche Möglichkeit genommen, selbst eine Prüfung zu vollziehen. Selbst wenn hier nur eine private Organisation in Form des TÜVs genannt wurde, so hatten die Käufer keine Wahl, was ihnen jedoch in der Tat zusteht.
In anderen Fällen ist dies analog diesem Vorgehen, so wird bei Fertighausanbietern, wie oben erwähnt, gerne mal angedeutet, dass sie „nur“ diesen und jenen Sachverständigen akzeptieren. In gleichem Gange wird dargestellt, dass man selbst einen Sachverständigen einbeziehe und nur dessen Bewertung berücksichtige. Dies ist Unsinn. Es steht dem Bauträger selbstverständlich frei, selbst auch einen Sachverständigen zu beauftragen, aber Sie haben dennoch das Recht auf einen eigenen Berater. Immer!
Argumente wie, dieser ist zertifiziert für Schimmel oder wie auch immer, jener ist öffentlich bestellt und vereidigt oder ein anderer kommt aus der Region. Oft hört man in der Tat auch, dass derjenige Auserwählte schon öfter für die Firma tätig war, eine Koryphäe sei, etc., pp.
Auch das ist alles Quatsch, es ist und bleibt ein Parteisachverständiger, der vom Unternehmer beauftragt wurde und dessen Leistung bewertet – oder deutlicher, der Unternehmer prüft seine eigene Leistung, nicht mehr, nicht weniger.
Dreister geht’s in derart Fällen auch noch, so haben wir auch schon erlebt, dass der Unternehmer einen angestellten Mitarbeiter zur Prüfung sendete mit den Worten: „Mein Mitarbeiter ist auch Sachverständiger“. Dies ist natürlich äußerst fragwürdig, denn einer der wichtigsten Grundsätze eines Bausachverständigen im bekannten Sinne ist die Unabhängigkeit. Bezieht er ein Gehalt von einem Bauunternehmer ist die Unabhängigkeit schon dahin.
Vorgenanntes ist im Übrigen auch immer ein Problembereich der Kollegen, die zwar öffentlich bestellt und auch vereidigt wurden, aber dennoch in einem Handwerksbetrieb oder einem Planungsbüro arbeiten oder ein solches leiten. Hier steht immer das unternehmerische Interesse des ausführenden Gewerbes mit im Raum und selbstverständlich die Frage, ob der- oder diejenige Kollege/-in die Arbeit seines/ihres Berufskollegen, fair bewertet. Da mag man einen Eid abgelegt haben, doch dieser ist erfahrungsgemäß nichts mehr wert, wenn man dem Kammerkollegen einen ruinöses Fehlverhalten attestieren müsste. In solchen Fällen sind kammerfreie Sachverständige womöglich die deutlich neutraleren Bewerter.
Auch hier können Beispiele genannt werden, so hat ein bekanntes Büro einen schimmelbefallenen Dachstuhl untersucht. Das Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung® als Sachverständige des Bauherrn hat den Schaden zuerst aufgenommen und einen deutlichen Schimmelbefall dokumentiert, sowie dessen Pilzarten typischerweise auch durch Laboranalyse bestimmt. Nach der Mangelrüge war der Unternehmer frech genug, den Schaden einfach zuzubauen und erklärte dem Bauherrn, dass er einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aus Augsburg hinzuziehe. Selbiger kam sodann und führte eine Raumluftuntersuchung mittels Sporensammler durch. In einem ungereinigten Raum, zu welchem allseits die Fenster geöffnet waren. Dass hier keinerlei Pilzbefall aufzufinden war, konnte vorhergesehen werden. Vielleicht wäre dies auch gut gegangen, wenn der Bauherr nicht auch einen Sachverständigen gehabt hätte, der ihm das Fehlverhalten des Kollegen erklärte. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung jedenfalls sorgte hier nicht für eine ehrliche und fachlich richtige Untersuchung, sondern wurde einzig als Vorwand genutzt, das völlig abseits jeglicher fachlichen Richtigkeit durchgeführte Untersuchen zu legitimieren.
Lassen Sie sich nicht täuschen, beauftragen Sie einen eigenen Sachverständigen, damit sind Sie auf der deutlich sichereren Seite. Suchen Sie sich den Bausachverständigen, aber wohl überlegt aus. Ein guter Sachverständiger hat eine fundierte fachliche Ausbildung und Erfahrung im Beruf. Dies werden Sie auch entsprechend honorieren müssen.
In diesem Zusammenhang sei auch verdeutlicht, dass jeder Baugutachter, der nicht vom Gericht beauftragt wurde im Sinne eines Privatsachverständigen tätig ist. Titel, Rang und Namen spielen hier keinerlei Rolle, zu einem Gerichtssachverständigen wird man erst dann, wenn man von einem Richter beauftragt wird. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung macht den Kollegen also nicht zum Gerichtssachverständigen, sondern der Auftrag des Gerichts, bzw. Richters/-in. Erklärt Ihnen der Bauunternehmer oder Bauträger, dass man einen Gerichtssachverständigen beauftrage, so können Sie also schon mal mit einem humorvollen „ach, sie sind auch Richter“ kontern.
Die Rechtsanwälte Prof. Dr. Rolf Kniffka und Dr. Wolfgang Koeble haben in Ihrem Werk „Kompendium des Baurechts“ die Anwendungsgebiete von Privatgutachter sehr treffend und vor allem allgemeinverständlich erklärt, so wird diese hier wie folgt dargestellt:
„… Das Privatgutachten sollte eingeholt werden, wenn die Eilbedürftigkeit absolute Priorität hat. Es kommt aber auch dann in Frage, wenn Ermittlungen nötig sind, um Mängel überhaupt und deren Ursache oder Bedeutung feststellen zu können. Schließlich ist es dann angebracht, wenn der Bauherr unsicher ist, ob und welche Ansprüche überhaupt geltend gemacht werden können, bzw. sollen. Das Privatgutachten ist auch erforderlich, um ein vom Gericht eingeholtes Gutachten zu erschüttern und um Tatsachen zu finden, die für eine Neubegutachtung nach § 412 ZPO ausreichen….“
Das sogenannte Gerichtsgutachten ist also auch durch einen Privatgutachter prüfbar und kann gar zur Erschütterung des Gerichtsgutachtens dienen. In derart Fällen kann auch ein Gerichtsgutachten aus dem Verfahren “gestemmt“ werden und dazu führen, dass ein Verfahren „neu aufgerollt“ wird.
Haben Sie noch Fragen? Dann melden Sie sich doch einfach im Sachverständigenbüro Holzmann-Bauberatung®, das Bausachverständigenbüro mit über 20 Jahren Sachverständigenerfahrung im gesamten Bundesgebiet.