„Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie seinem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Aufgaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.“
So ist es in der aktuellen Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (kurz VOB) unter dem § 4 Abs. 3 des Teil B zu lesen.
Neben diesem hat der Auftragnehmer jedoch auch Bedenken anzumelden, wenn er die Anordnungen des Auftraggebers für unzweckmäßig oder gar unberechtigt hält. So gibt der § 4 der VOB Teil B im Abs. 1 unter dem Abschnitt 4 folgendes an:
„Hält der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig, so hat er seine Bedenken geltend zu machen, die Anordnungen jedoch auf Verlangen auszuführen, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen. Wenn dadurch eine ungerechtfertigte Erschwerung verursacht wird, hat der Auftraggeber die Mehrkosten zu tragen.“
Ist man sich nicht wirklich sicher, ob man nun schriftlich Bedenken anmelden muss oder nicht, so gibt einem die VOB im Teil C unter den jeweilig 3. Abschnitten (Allgemeines) weitere Hilfestellung.
1. Beispiel:
ATV für Wärmedämm-Verbundsysteme (DIN 18345) Abschnitt 3.1.1
„Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken (siehe § 4 Abs. 3 VOB/B) insbesondere geltend zu machen bei
ungeeigneter Beschaffenheit des Untergrundes, z.B. Ausblühungen, zu glatte Flächen, ungleich saugenden Flächen, gefrorenen Flächen, verschiedenartigen Stoffen des Untergrundes,
ungeeignete klimatischen Bedingungen,
größeren Unebenheiten des Untergrundes als nach DIN 18202 zulässig,
ungenügenden Verankerungs- und Befestigungsmöglichkeiten,
fehlende Bezugspunkte“
2. Beispiel:
ATV für Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten (DIN 18338) Abschnitt 3.1.2
„Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken (siehe § 4 Abs. 3 VOB/B) insbesondere bei ungeeigneter Beschaffenheit des Verlegeuntergrundes geltend zu machen“
3. Beispiel
ATV für Maler- und Lackiererarbeiten –Beschichtungen– (DIN 18363) Abschnitt 3.1.1
„Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken (siehe § 4 Abs. 3 VOB/B) insbesondere geltend zu machen bei
ungeeigneter Beschaffenheit des Untergrundes, z.B. absandendem und kreidendem Putz, nicht genügend festem, gerissenen und feuchtem Untergrund, Sinterschichten, Ausblühungen, korrodierenden Metallbauteilen,
Holz, das erkennbar von Bläue, Fäulnis oder Insekten befallen ist,
nicht tragfähigen Grund- und Altbeschichtungen,
ungeeigneten klimatischen Bedingungen,
Unebenheiten, die die technischen und optischen Anforderungen an die Beschichtungen beeinträchtigen.“
So stehen bei nahezu jeder ATV entsprechend zusätzliche kleine Hilfestellungen zur Frage, ob man denn Bedenken anmelden soll bzw. muss.
Ungeachtet dessen empfehle ich jedoch, grundsätzlich bei jedem Zweifel, zu einer ordentlich machbaren Ausführung, Bedenken schriftlich anzumelden. Natürlich möchte ich nicht alle Auftraggeber in einen Topf werfen, aber die berufliche Erfahrung zeigt immer wieder, Auftraggeber, die es darauf anlegen, dass der Auftragnehmer keine Bedenken schriftlich anmeldet, um am Ende Argumente zur Kürzung der Rechnung in den Händen zu haben, vielleicht auch eigenes schuld- oder fehlerhaftes Verhalten/Arbeiten auf andere ableiten zu können oder eben einfach um weniger Arbeit zu haben.
Gerne wird hier das Prinzip „lassen Sie uns das auf der Baustelle besprechen“ angewendet. Es spricht natürlich nichts gegen eine Besprechung auf der Baustelle, ganz im Gegenteil, Besprechungen vor Ort haben immer Vorteile, aber die dabei mündlich getroffenen Vereinbarungen sollten in jedem Fall auch schriftlich gefestigt werden. Als Auftragnehmer erwähnen Sie bei solchen Besprechungen womöglich die Bedenken und der Auftraggeber stimmt diesem vielleicht auch zu, aber sollte tatsächlich etwas schief laufen und Regressansprüche im Raum stehen, haben Sie ohne dem geschriebenen Wort nichts in der Hand, womit Sie juristisch sauber belegen können, dass Sie die Bedenken auch wirklich angemeldet haben. Abgesehen davon, gibt die VOB, wie oben zitiert, die Anmeldung von Bedenken in schriftlicher Form vor. Werden Bedenken direkt auf der Baustelle besprochen, empfiehlt es sich hierzu ein Gesprächsprotokoll aufzusetzen, das am Ende von allen Beteiligten der Besprechung unterschrieben wird. Aber auch hierbei ist auf die förmliche, ergo schriftliche, Anmeldung von Bedenken nicht zu verzichten.
Eine schriftlich verfasste Anmeldung von Bedenken kann beispielsweise wie folgt aussehen:
Empfehlenswert ist das postalische Versenden in Form eines Einschreibens mit Rückschein an den Auftraggeber, bzw. an den Bauherrn und den Architekten, bzw. verantwortlichen Planer.
Wichtig ist, dass die schriftliche Anmeldung von Bedenken für das jeweilige Objekt individualisiert wird. Will heißen, es sollte deutlichst herausgestellt werden, warum bzw. durch welchen Verstoß gegen welche Fachregeln hervorgerufen die Bedenken angemeldet werden. Einfach nur die pauschalisierte Aussage, dass die jeweilige Leistung nicht den Fachregeln entspricht ist nicht ausreichend. Kurzum es muss auf die entsprechende Passage der aktuellen Fachregel oder DIN etc. eingegangen werden. Neben diesem ist es wichtig, auch die möglichen Folgen einer nicht eingehaltenen Normenvorschrift bzw. Fachregel zu erwähnen, dabei sollte der Wortlaut in jedem Fall in einer Art gewählt werden, mit der auch der bautechnische Laie mögliche negative Konsequenzen klar und deutlich verstehen kann. Denken Sie hierbei daran, dass neben dem Bauherren auch ein Richter, ein Anwalt oder vielleicht auch der Planer selbst, kein Fachmann in Ihrem Handwerk ist.
Damit sich der Auftragnehmer schützt und Schaden vermieden wird, sollte auch eine Formulierung enthalten sein, dass die Arbeiten bis zur Klärung der Bedenkenanmeldung nur im Rahmen der bautechnischen Notwendigkeiten weitergeführt werden. Bautechnische Notwendigkeiten können hier beispielsweise die Sicherung der bereits ausgeführten Arbeiten gegen Niederschlag sein (z.B. das vorläufige regensichere Abdecken des Daches mit einer Plane o.ä.). Zusätzlich sollte erwähnt werden, dass bei Aufforderung zur Durchführung entgegen der Bedenkenanmeldung jegliche Gewährleistung durch den Auftragnehmer entfällt.
Sollte der Auftraggeber sich nicht zu der schriftlich verfassten Bedenkenanmeldung äußern, ist es für den Auftragnehmer ratsam, sich erneut schriftlich an den Auftraggeber zu wenden und jegliche Verantwortung für entstehende Mängel, die auf den von ihm geäußerten Bedenken beruhen, ausdrücklich abzulehnen. In groben Fällen wäre es unter Umständen auch sinnvoll, nach den bautechnischen Notwendigkeiten die Arbeiten schlicht einzustellen, aber auch dies muss, am besten zuvor, schriftlich verdeutlicht und begründet werden. Arbeiten Sie nach der schriftlichen Anmeldung von Bedenken und ohne entsprechende Rückantwort des Auftraggebers einfach nach gehabten Plan weiter, kann sich dies negativ auf Sie auswirken.
Trifft jedoch der Auftraggeber nach der Bedenkenanmeldung entsprechende Änderungsanordnungen, so hat er diese im Falle von eintretenden Mehrleistungen auch zusätzlich zu vergüten.
Siehe hierzu § 2 Abs. 5 VOB/B:
„Werden durch Änderungen des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden“
Oder § 2 Abs. 6 Abschnitt 1 VOB/B:
„Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch aus eine besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.“
Sie müssen als Auftragnehmer Mehrarbeiten im Zusammenhang mit einer solchen Änderungsanordnung also nicht aus eigener Tasche bezahlen.
Die Anmeldung von Bedenken ist zwar, wie es der bekannte Fachanwalt Ralf Wortmann aus Magdeburg auf seiner Internetseite so treffend beschreibt, ein unbeliebtes Kind am Bau, aber leider auch eines über das man als seriöser und fachkompetenter Handwerksunternehmer in keinem Fall hinweg blicken sollte. Nehmen Sie sich im Falle des Falles Zeit hierfür und denken Sie immer daran, ein schriftliches Anmelden von Bedenken spiegelt am Ende auch ihre eigene Fachkompetenz wider und vor allem schützt es Sie und auch Ihren Kunden vor Schaden und Ärger.
Soweit nun zum Auftragnehmer, kommen wir nun zum Auftraggeber. Auftraggeber kann, aber muss nicht automatisch der Bauherr sein, es kann sich hier auch um einen planenden Architekten, unter gewissen Umständen auch um den Bauleiter, der wiederum auch der planende Architekt sein kann, oder eben um einen bereits beauftragten Handwerksunternehmer handeln.
Betrachten wir uns die Auftraggeberseite, so sind auch hier Möglichkeiten gegeben, rechtzeitig zu handeln und Mängel zu rügen. Das teils recht komplizierte Konstrukt in Bezug auf die Haftung bei Baumängel geht hier sogar so tief, dass zum Beispiel ein Bauherr als Auftraggeber auch ein Mitverschulden bei Planungsfehler und Ähnlichem zugeschrieben werden kann, selbst dann wenn ein Architekt einbezogen wurde. Denn ein planender Architekt ist in sehr vielen Fällen als Erfüllungsgehilfe seines Bauherren zu betrachten, womit Baufirmen bzw. Handwerker zusätzlich zu den Sowieso-Kosten vom Bauherrn auch einen Betrag für die Mängelbeseitigungskosten gelten machen können. Von daher ist es also grundsätzlich anzuraten, dass auch der Auftraggeber die Augen offen hält, sich bestenfalls einen neutralen Sachverständigen zur Hilfe nimmt und selbst oder gemeinsam Missstände unverzüglich rügt.
Um dies zu tun, muss selbstverständliche eine Grundlage geschaffen werden, so ist in der VOB/B und hier in § 4 Abs. 1 Abschnitt 2 auch deutlich vermerkt, dass der Auftraggeber das Recht hat, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung zu überwachen und ihm hierzu auch der Zutritt zu den Arbeitsplätzen, Werkstätten und Lagerräumen, in denen die vertragliche Leistung oder Teile von ihr hergestellt werden, bzw. die hierfür bestimmten Stoffe und Bauteile gelagert werden, zu gewähren. In Abschnitt 3 dieses Paragrafen ist angegeben, dass der Auftraggeber befugt ist, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung, Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistungen notwendig sind.
In Abs. 8 des §4 und hier im ersten Abschnitt wird gar verdeutlicht, dass der Auftragnehmer seine Leistungen im eigenen Betrieb ausführen muss, wenn sein Betrieb darauf ausgerichtet ist. Tut er dies nicht, so kann der Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leistungen im eigenen Betrieb setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehen kann. Es ist somit also auch in der VOB eine Regelung getroffen, wann und in wie weit der Auftragnehmer Leistungen an Nachunternehmer übertragen kann und darf. Was wiederum für den Auftraggeber sehr positiv zu bewerten ist, denn oft sind Subunternehmer, von Subunternehmern, von Subunternehmern des Auftragnehmers auf der Baustelle, was die Kommunikation in vieler Hinsicht erschwert – beispielsweise weil auch die umgangssprachlich Linke nicht weiß was die Rechte gerade tut.
Weitere Regelungen der VOB in Bezug auf die mögliche Mängelrüge durch den Auftraggeber enthält, findet sich auch in VOB/B §5. So wird hier in Abs. 4 sehr deutlich angegeben, dass bei etwaigen Missständen in der Ausführung oder dessen Hilfsmittel u.ä. der Auftraggeber auch das Recht hat, bei Aufrechterhaltung des Vertrages Schadensersatzansprüche zu verlangen oder dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zu Vertragserfüllung setzen und erklären kann, dass nach fruchtlosem Ablaufen der Frist der Auftrag entzogen wird.
Nun sehen Sie immer wieder das etwas schwammig formulierte „angemessene Frist“. Hier gilt es zu bemerken, dass man im Handwerk immer ganz unterschiedliche Arbeiten hat, die auch unterschiedlich lange dauern und oftmals auch nicht umgehend begonnen werden können (z.B. aufgrund der Witterung etc.). Gerade Fristsetzungen im Zuge einer Mängelbeseitigung sind gerne mal ein Streitthema, zu dem die strittigen Parteien oft völlig unterschiedliche Ansichten vertreten. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in einem Verfahren in 2007 einmal bemerkt, dass die Länge einer angemessenen Frist nicht alleine von der Möglichkeit der Umsetzung der Mängelbeseitigung abhängig ist, sondern auch von der notwendigen Vorbereitung des Unternehmers. Denn, so der BGH, dieser könnte ja nicht täglich bereitstehen, die Mängelbeseitigung aufzunehmen. Man kann hier nur anraten, bedacht Fristen zu setzen. Die Mängelbeseitung selbst mag vielleicht nur wenige Stunden in Anspruch nehmen, aber dennoch muss sich auch der ausführende Betrieb vorbereiten, Angestellte einplanen, etc., pp., das alles geht im Geschäftsleben nicht immer so einfach wie es vielleicht für den Außenstehenden aussieht. Bei Ungewissheit wäre auch hier ein neutraler Fachmann in Form eines unabhängigen Sachverständigen der richtige Vermittler.
Sie sehen, Bedenkenanmeldungen und/oder Mängelrügen, sei es nun von Auftragnehmerseite oder vom Auftraggeber, sind in vieler Hinsicht nicht immer ganz einfach. Jede Partei hat, wie es auch sein sollte, Rechte und Pflichten. Der eine hat eine mängelfreie Leistung zu erbringen, kann dies aber auch nur, wenn die Rahmenbedingungen wirklich stimmen, der andere hat einen gewissen Teil der Verantwortung mit zu tragen und muss selbstverständlich auch dafür sorgen, dass der Auftragnehmer Bedingungen vorfindet um die gewünschte mängelfreie Leistung auch tatsächlich erbringen zu können. Das Schlimmste was hierbei passieren kann, ist eine Verhärtung der Fronten und ein Streit, aus dem nicht wirklich eine Lösung resultiert mit der jede Partei leben kann. Bahnen sich solch Umstände an, ist es in nahezu jedem Fall das Beste einen neutralen Schlichter einzubeziehen. Einen völlig unabhängigen und absolut neutral arbeitenden Sachverständigen, der dazu beiträgt, dass man eben nicht lange streitet, sondern ein Ende und somit auch eine Mängelbeseitigung ohne dem Umweg über Gerichte zu beschreiten. Manchmal lässt sich dieser Umweg zwar nicht vermeiden, auch dann hilft Ihnen der auf Objektivität aufgebaute Sachverstand eines entsprechenden Gutachters.
Für Fragen und alles Weitere stehe ich Ihnen natürlich gerne und das auch bundesweit zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich hierfür einfach unter Tel.: 0821 – 60 85 65 40.