OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 – 8 U 1133/20
1. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die im Rahmen der Bauüberwachung typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.*)
2. Eine Bauüberwachungspflicht des Architekten besteht auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten; sie ist lediglich bei der Kontrolldichte herabgesetzt, erfordert aber jedenfalls stichprobenartige Kontrollen.*)
3. Das bauausführende Unternehmen kann sich auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen, wenn die mangelhafte Bauausführung auf von dem Auftraggeber überlassene fehlerhafte Pläne zurückgeht.*)
4. Eine Vorteilsausgleichung des durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entstehenden Vorteils hat nur dann zu erfolgen, wenn der Mangel sich verhältnismäßig spät auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.*)
5. Wählt der Auftraggeber für die Mängelbeseitigung einen Drittunternehmer auf dem freien Markt aus, spricht aus der Erfahrung der täglichen Baupraxis der erste Anschein dafür, dass die von dem Drittunternehmen abgerechneten Kosten erforderlich waren; der Auftragnehmer ist dann für das Gegenteil, nämlich eine Beauftragung zu „übersetzten“ Preisen, mithin eine eindeutige und unzweifelhafte Überschreitung der Grenze der Erforderlichkeit, darlegungs- und beweispflichtig.*)
Quelle und Volltext: IBR-Online.de